Die Diskussion um die Kanzlerkandidatur innerhalb der SPD bleibt weiter spannend und offen. Der bisherige Amtsinhaber Olaf Scholz steht noch nicht als alleiniger Anwärter fest, da maßgebliche Stimmen aus Nordrhein-Westfalen, dem größten Landesverband, sich kritisch äußern. Allerdings erhält Scholz Rückendeckung von der Parteiführung und aus den Reihen der SPD-Kabinettsmitglieder. Verteidigungsminister Boris Pistorius genießt indes laut Umfragen deutlich mehr Popularität und wird als charismatischer Politiker wahrgenommen. Zwar schließt er eine Kanzlerkandidatur nicht gänzlich aus, bleibt jedoch loyal zu Scholz und betont, dass das Kanzleramt nicht im Einklang mit seiner persönlichen Lebensplanung steht.
In aktuellen Umfragen liegt die SPD mit 15 bis 16 Prozent weit hinter der Union, die mit Friedrich Merz als Kanzlerkandidat ins Rennen geht. Interessanterweise rangiert Pistorius in einem Politikerranking des Insa-Instituts für die 'Bild' auf dem ersten Platz, während Scholz einen Abwärtstrend vom 19. auf den letzten Platz verzeichnet.
Innerparteilich wächst der Zuspruch für Pistorius, wie aus einem Statement der NRW-Landesvorsitzenden Wiebke Esdar und Dirk Wiese hervorgeht. Beide betonen jedoch, dass letztlich Parteigremien über die Kanzlerfrage entscheiden. Just in dieser spannungsgeladenen Lage bleibt auch der SPD-Fraktionschef im NRW-Landtag, Jochen Ott, zurückhaltend. Er weist aber darauf hin, dass die SPD mit zwei möglichen Kanzlerkandidaten im Kabinett gut aufgestellt sei. Juso-Chef Philipp Türmer sieht die Entscheidung ebenfalls noch nicht als gefallen an.
Unterstützer von Scholz wie Parteichefin Saskia Esken, Lars Klingbeil und Bundesinnenministerin Nancy Faeser sind hingegen überzeugt, dass Scholz der natürliche Kandidat bleibt, vor allem angesichts seiner Führungsstärke in Krisenzeiten. Auch Martin Schulz und Gesundheitsminister Karl Lauterbach sprechen sich entschieden für Scholz aus.
Boris Pistorius, bei einem Auftritt in Passau, wiederholte seine Loyalität zu Scholz und entkräftete Spekulationen um eine eigene Kandidatur mit dem Verweis auf seine nicht vorhandene Lebensplanung für das Kanzleramt. Er betonte, dass er sich weiterhin parteitreu verhalten werde.
Der ehemalige SPD-Chef Norbert Walter-Borjans drängt indes darauf, die Entscheidung in der K-Frage zügig herbeizuführen, um Merz Einhalt gebieten zu können. Eine geschickte und zeitnahe Entscheidung sei gefordert, notfalls auch spät in der Nacht.