Exotische Atomstrom-Ideen aus Bayern stoßen auf geballten Widerspruch. Der Vorstoß von Ministerpräsident Markus Söder, bayerische Stromversorgung durch eine privilegierte Zuteilung tschechischen Atomstroms abzusichern, wird von Experten und Umweltorganisationen gleichermaßen kritisch gesehen. Felix Matthes, Energieexperte des Öko-Instituts, sieht hierin technische, rechtliche und marktwirtschaftliche Hürden, die unüberwindbar scheinen. „Der Strombinnenmarkt der EU kennt keine nationalen Privilegien“, so der Experte, und verweist auf die Strombörse als alleinigen Mechanismus der Preisermittlung und -verteilung.
Söders Bestreben, in Prag mit dem tschechischen Regierungschef Petr Fiala über mögliche Energiekooperationen zu sprechen, wurde vorab von ihm als essenzieller Schritt in Richtung Netzstabilisierung und Versorgungssicherheit für den Freistaat bezeichnet. Kehrseite der Medaille: Ein solcher Plan widerspreche marktwirtschaftlichen Grundsätzen, erklärt Matthes, da die Marktmechanismen ohnehin für die optimale Verteilung und niedrige Kosten sorgen würden. Hinzu kommt die klare ablehnende Haltung der EU-Institutionen zu politischen Eingriffen in den Energiemarkt.
Der Ministerpräsident bleibt dennoch optimistisch und betont, die Energiedefizite Deutschlands gefährden die Industrie. Er plädiert für eine bayerische Beteiligung am Ausbau tschechischer Kernkraft, als Gegenmaßnahme zur vermeintlichen Deindustrialisierung und zu hohen Energiepreisen. Doch die Risiken eines etwaigen Atomunfalls lassen Umweltschützer aufschreien; die Grünen und andere Umweltverbände befürchten radioaktive Langzeitfolgen für Bayern. Es ist ein hoch politisiertes Thema mit ungewissem Ausgang.