In einem bemerkenswerten Wendepunkt der irischen Politlandschaft hat die nationalistische Sinn Féin-Partei bei den allgemeinen Wahlen 21,1 Prozent der Stimmen erreicht und damit ihre Konkurrenten hinter sich gelassen. Diese überraschende Entwicklung, basierend auf einer Nachwahlbefragung von Ipsos B&A, bringt die Partei in eine starke Position, während das Rennen dennoch äußerst knapp bleibt.
Die konservative Fine Gael unter Führung von Simon Harris landete mit 21 Prozent knapp dahinter, während die zentristische Fianna Fáil, die zuvor als Favorit gehandelt wurde, 19,5 Prozent erreichte. Das Ergebnis kann aufgrund der Fehlermarge von 1,4 Prozentpunkten praktisch als Gleichstand betrachtet werden.
Matt Carthy, der Wahlkampfleiter von Sinn Féin, lobte das Ergebnis als "phänomenalen Erfolg" für die Hauptoppositionspartei. Obwohl sie möglicherweise zur größten Einzelpartei aufsteigen könnte, stehen sie vor der Herausforderung, Koalitionspartner zu finden, da sowohl Fianna Fáil als auch Fine Gael eine Zusammenarbeit mit Sinn Féin kategorisch ablehnen.
Andere Parteien, darunter die Sozialdemokraten mit 5,8 Prozent und Labour mit 5 Prozent, erzielten vergleichsweise geringe Ergebnisse. Die Grünen, Teil der bisherigen Regierungskoalition, kamen auf 4 Prozent. Unterdessen konnte Holly Cairns, die Führerin der Sozialdemokraten, aufgrund der Geburt ihres Kindes am Wahltag nicht wählen.
Fine Gael, seit 2011 an der Macht, strebt eine vierte Amtszeit an, während Fianna Fáil, Fine Gael und die Grünen seit 2020 in einer Koalition die Regierung bilden. Ein Regierungswechsel könnte durch transatlantische Handelsschocks unter US-Präsident Donald Trump beeinflusst werden, was einige zur Stimmenabgabe für die bestehende Koalition bewegte.
Sinn Féin fordert hingegen drastische Veränderungen, insbesondere zur Beendigung der Wohnraumkrise, und hofft auf einen Wandel im politischen Machtgefüge.
Das irische Wahlsystem, das auf Präferenzen setzt, wird die entscheidende Rolle bei der endgültigen Stimmenverteilung spielen. Die Auszählung beginnt am Samstag, aber ein endgültiges Ergebnis und die anschließenden Koalitionsverhandlungen könnten noch Tage oder Wochen in Anspruch nehmen.