Silber spielt noch zweite Geige
Gold hat die Marke von 3.500 US-Dollar überschritten, die Aktienmärkte wirken angeschlagen, die geopolitischen Spannungen nehmen zu – und doch verharrt der Silberpreis vergleichsweise träge.
Genau das macht ihn derzeit besonders interessant. Denn historisch betrachtet ist Silber kein Vorläufer – sondern ein Nachzügler. Einer mit explosivem Potenzial.
1. Goldrallye als Frühindikator für den gesamten Rohstoffzyklus
„Jede bedeutende Goldhausse der letzten 100 Jahre hat letztlich den gesamten Rohstoffsektor mitgezogen“, sagt Cornel Bruhin, Portfoliomanager bei Mainfirst.
Zwischen 1970 und 1980 etwa verzehnfachte sich der Bloomberg Commodity Index – ausgelöst durch eine Goldpreisexplosion. Auch aktuell könnten wir mitten in einem vergleichbaren Zyklus stehen, mit Silber als potenziellem Spätprofiteur.
2. Rotation raus aus Tech – rein in Realwerte
Die Anlegerstimmung dreht sich. Die Euphorie rund um Tech-Aktien ist spürbar abgeflaut, der Glanz der „Magnificent 7“ verblasst.
Wer in unsicheren Zeiten Orientierung sucht, kehrt zu physischen Vermögenswerten zurück – zu Metallen, Energie, Infrastruktur. Silber dürfte dabei stärker profitieren als viele denken: Als Edelmetall, aber auch als unverzichtbarer Rohstoff für Industrie und Zukunftstechnologien.

3. Silber als zyklischer Nachzügler – mit Hebelpotenzial
Aktuell liegt das Gold/Silber-Verhältnis bei rund 99 – ein Wert, der historisch fast immer eine überfällige Korrektur zugunsten von Silber signalisiert hat.
Während Gold neue Höchststände erklimmt, liegt Silber weiterhin unter dem Allzeithoch von 1980. Damals stand Gold bei 850 US-Dollar – Silber bei 49. Heute liegt Gold viermal höher, Silber nicht einmal bei 35.
4. Engpässe in Sicht: Industrie saugt den Markt leer
Ein Viertel der globalen Silberproduktion fließt bereits in Solartechnologie – Tendenz steigend. Hinzu kommt die Nachfrage aus der Batterieentwicklung, Medizintechnik und 5G-Infrastruktur.
Gleichzeitig stagniert das Fördervolumen. Und: Silber ist oft nur ein Nebenprodukt bei der Kupfer- oder Bleigewinnung – nicht eigenständig skalierbar. Das macht Engpässe wahrscheinlicher als bei anderen Metallen.
5. Geopolitik verschiebt Handelsströme – China hortet, Westen leergekauft
An der Rohstoffbörse in Shanghai notiert Silber seit Monaten konstant 3–5 % über den Preisen in London oder New York. Das deutet auf eine Verlagerung physischer Bestände gen Osten hin.
Die westlichen Lager – etwa bei der COMEX – sind laut Bloomberg-Daten auf historisch niedrige Füllstände gefallen. Gleichzeitig verlangen immer mehr Investoren physische Auslieferung. Das birgt Brisanz: Ein Short Squeeze ist nicht ausgeschlossen.
6. Noch fehlen die Großen – institutionelle Käufe könnten Hebel auslösen
Der iShares Silver Trust, das wichtigste Anlageinstrument für physisch besichertes Silber, verzeichnete zuletzt Kapitalabflüsse – und das trotz steigender Preise. Das zeigt: Die breite Masse der Großinvestoren ist noch gar nicht investiert.
Sollte sich das ändern, würde die geringe Marktbreite von Silber zu überproportionalen Preisbewegungen führen. Der Markt ist schlicht zu eng für große Zuflüsse.
7. Wenige Alternativen – viele Unsicherheiten
Mit steigenden Anleihenrenditen und einem schwächelnden Dollar verliert der klassische Zufluchtsort „Staatsanleihe“ an Attraktivität. Gleichzeitig ist Bargeld in einem Inflationsumfeld keine Option.
Bleiben Gold – und zunehmend auch Silber – als Zuflucht. Anders als Gold bietet Silber jedoch zusätzlich eine industrieökonomische Nachfrage. Das könnte sich als entscheidender Unterschied erweisen.