Siemens überdenkt strategische Ausrichtung
Der deutsche Technologiekonzern Siemens AG, einer der globalen Marktführer im Bereich Industrieautomation und Technologien, könnte seine Beteiligung an der Medizintechniktochter Siemens Healthineers überdenken. Aktuell hält Siemens 75 Prozent der Anteile an Healthineers, das seit 2018 an der Börse gelistet ist und einen wichtigen Pfeiler im Portfolio des Konzerns darstellt.
„Wir bewerten die ökonomischen Möglichkeiten für die Siemens AG im Gesundheitswesen“, erklärte Siemens-Finanzvorstand Ralf Thomas in einem Interview mit dem Handelsblatt. Ziel sei es, bis Ende 2025, zum nächsten Kapitalmarkttag, eine fundierte Entscheidung zu treffen.
Die Überlegungen kommen nicht unerwartet, da einige Investoren bereits seit längerem einen Abbau des Anteils fordern. Mit einem Marktwert von rund 45 Milliarden Euro (Stand: Dezember 2024) stellt Healthineers eine bedeutende Kapitalallokation für Siemens dar. Die zentrale Frage, so Thomas, sei, ob die Synergien zwischen Siemens und seiner Tochter groß genug seien, um diese Investition weiterhin zu rechtfertigen.
Börsenreaktionen und Analystenmeinungen
Die Unsicherheit über die Zukunft der Beteiligung belastete am Montag den Aktienkurs von Siemens Healthineers. Die Papiere verloren am letzten Handelstag des Jahres zeitweise 1,69 Prozent und notierten bei 51,22 Euro. Im Vergleich dazu zeigten sich Siemens-Aktien mit einem Minus von 0,3 Prozent relativ stabil.
Analysten reagieren unterschiedlich auf die Nachricht. Mark Fielding von der RBC Bank begrüßte die Überlegungen, da eine Reduzierung der Anteile seiner Meinung nach zur Vereinfachung der Unternehmensstruktur von Siemens beitragen könnte. „Eine klarere Fokussierung würde auch den Bewertungsrückstand auf Wettbewerber verringern“, betonte Fielding.
Der Experte warnte jedoch, dass bislang keine Details darüber bekannt seien, wie und in welchem Zeitraum eine mögliche Reduzierung der Beteiligung erfolgen könnte. Siemens selbst hat angedeutet, dass die Erlöse aus dem Verkauf von Tochtergesellschaften wie Innomotics und Anteilen an Siemens Energy teilweise zur Finanzierung geplanter Übernahmen, wie die des US-Softwareunternehmens Altair Engineering, genutzt werden könnten.
Gesundheitstechnologie im Fokus
Siemens Healthineers ist ein führender Anbieter von Medizintechnologien und generierte im Geschäftsjahr 2024 einen Umsatz von rund 22 Milliarden Euro. Das Unternehmen ist vor allem für seine bildgebenden Diagnostiksysteme bekannt, darunter innovative Magnetresonanztomographie- und Computertomographiesysteme, sowie Lösungen für Labordiagnostik und KI-gestützte Gesundheitsanwendungen.
Der mögliche Abbau der Siemens-Beteiligung könnte auch Signalwirkung für den Markt haben. Ein Rückzug des Technologieriesen aus dem Gesundheitssektor könnte zu einer Neuausrichtung der Marktstrategien von Healthineers führen, etwa durch stärkeren Fokus auf unabhängige Geschäftsbereiche oder mögliche strategische Partnerschaften.
Zukunftsperspektiven
Die Entscheidung, die Beteiligung zu überprüfen, erfolgt inmitten eines dynamischen Umfelds für Medizintechnologien. Der Markt für Gesundheitsinnovationen wächst weiterhin stark, insbesondere durch die Integration künstlicher Intelligenz und datengetriebener Diagnostiklösungen.
Für Siemens ist dies jedoch auch ein Zeitpunkt, um strategische Prioritäten zu setzen. Neben den Überlegungen zur Beteiligung an Healthineers hat das Unternehmen kürzlich die Notwendigkeit einer klareren Abgrenzung seiner Geschäftsbereiche betont und einem Verkauf der Bahnsparte Mobility eine klare Absage erteilt.
Die anstehenden Entscheidungen könnten weitreichende Auswirkungen auf Siemens und den Gesundheitssektor insgesamt haben. Anleger, Märkte und Wettbewerber werden mit Spannung erwarten, wie Siemens den Balanceakt zwischen strategischer Fokussierung und der Nutzung von Wettbewerbsvorteilen löst.