19. November, 2024

Quartalszahlen 2024

Siemens glänzt nach außen, doch intern kriselt es

Siemens erreicht mit neun Milliarden Euro einen Rekordgewinn, doch eine wichtige Sparte kriselt. Der Umbau zum Digitalkonzern bringt Chancen – und Stellenabbau.

Siemens glänzt nach außen, doch intern kriselt es
Rekordzahlen und ein neuer Strategieplan, aber eine zentrale Sparte kämpft mit schrumpfenden Umsätzen und Stellenabbau.

Siemens auf Rekordkurs – aber nicht ohne Probleme

Siemens hat im Geschäftsjahr 2023/24 beeindruckende Zahlen vorgelegt. Der Nettogewinn des Technologiekonzerns erreichte erstmals die Marke von neun Milliarden Euro, ein Plus, das die Börse mit einem Kursanstieg von sechs Prozent feierte.

Quelle: Eulerpool

CEO Roland Busch präsentierte die Ergebnisse in München und stellte gleichzeitig die neue Strategie „One Tech Company“ vor – ein umfassendes Umbauprogramm, das Siemens effizienter und digitaler machen soll.

Doch nicht alle Sparten tragen zum Erfolg bei: Während der Gesamtkonzern auf Wachstumskurs ist, steckt die Kernsparte Digital Industries (DI) in einer tiefen Krise. Umsatz und Ergebnis der Vorzeigesparte für Industrieautomatisierung sind eingebrochen. Siemens reagiert mit Stellenstreichungen und will weltweit mehrere tausend Arbeitsplätze abbauen.

Krise in der Industrieautomatisierung

Die Probleme von Digital Industries wiegen schwer. Der Umsatz sank im vergangenen Geschäftsjahr um acht Prozent auf 18,5 Milliarden Euro, das operative Ergebnis fiel sogar um mehr als 27 Prozent. Besonders hart traf es das vierte Quartal: Die Erlöse brachen um 18 Prozent ein, das Ergebnis halbierte sich nahezu.

Der Grund liegt in der schwachen Nachfrage nach Automatisierungstechnik. Kunden, vor allem in China, halten sich zurück, Projekte für neue Fabriken liegen auf Eis, und die Lager sind weiterhin voll. Die Kernsparte, die einst als Aushängeschild für Siemens' Innovationskraft galt, leidet nun unter den Folgen dieser Zurückhaltung.

Stellenabbau und Zukunftsstrategien

Siemens hat angekündigt, Stellen bei Digital Industries zu streichen – eine „niedrige bis mittlere vierstellige Zahl“, so Roland Busch. Gleichzeitig sollen betroffene Mitarbeiter weitergebildet und in andere Geschäftsbereiche integriert werden. Der Konzern verweist auf 8000 offene Stellen, die intern besetzt werden könnten.

Neben dem Personalabbau setzt Siemens auf Investitionen, um den Wandel voranzutreiben. Die kürzlich angekündigte Übernahme des US-Softwarespezialisten Altair für mehr als zehn Milliarden Dollar soll Siemens' Position im Bereich digitale Lösungen stärken.

Diese Akquisition steht im Einklang mit Busch' Ziel, den Umsatzanteil digitaler Produkte von derzeit zwölf Prozent auf mehr als 20 Prozent zu erhöhen.

Digitalisierung: Ein zweischneidiges Schwert

Der Plan, Siemens als führenden Digitalkonzern zu positionieren, ist ehrgeizig. Die Umsätze mit Software und digitalen Services stiegen zuletzt von 7,3 auf neun Milliarden Euro, doch der Konzern kämpft weiterhin mit seinem Image. An den Kapitalmärkten wird Siemens noch immer nicht als echter Digitalkonzern wahrgenommen, was sich auch im Aktienkurs widerspiegelt.

Der europäische Konkurrent Schneider Electric, der sich erfolgreich als Anbieter digitaler Lösungen etabliert hat, dient Siemens als Benchmark. Doch die Neubewertung an den Börsen bleibt bisher aus – ein Problem, das den Druck auf CEO Busch erhöht.

Ausblick: Chancen und Herausforderungen

Für das laufende Geschäftsjahr 2024/25 erwartet Siemens einen Umsatzanstieg von drei bis sieben Prozent. Doch der Erfolg hängt stark von der Fähigkeit ab, Digital Industries zu stabilisieren und die Transformation voranzutreiben.

Die Strategie „One Tech Company“ soll Silos abbauen und bereichsübergreifende Zusammenarbeit fördern. Eine zentrale Rolle spielt dabei die neue Digitalplattform Xcelerator, über die Siemens sein Softwareportfolio modular anbietet. Gleichzeitig soll Künstliche Intelligenz in alle Angebote integriert werden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.