Siemens Energy zwischen Euphorie und Realität
Die letzten Monate waren für Siemens Energy eine Achterbahnfahrt. Erst der Höhenflug dank des KI-Booms, dann der Absturz durch DeepSeek – und jetzt die Erholung durch starke Zahlen.
Fakt ist: Siemens Energy spielt eine zentrale Rolle in der globalen Energiewende. Ob Wasserstoff-Technologien, Hochspannungsnetze oder Windkraft – das Unternehmen deckt große Teile der Energieinfrastruktur ab. Doch in den letzten Monaten stand besonders ein Thema im Fokus: die Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Energiebranche.
Doch wie entscheidend ist KI wirklich für Siemens Energy?
Die KI-Euphorie: Ein Milliardenmarkt mit Energiehunger
Goldman Sachs-Analysten sehen Siemens Energy als klaren Profiteur des KI-Booms. Ihre Argumentation: Die steigende Nachfrage nach Rechenzentren, die für KI-Modelle unerlässlich sind, erfordert gigantische Mengen an Energie. Und genau hier komme Siemens Energy ins Spiel – mit Netztechnologien, Hochspannungsleitungen und Turbinen für die wachsenden Strombedarfe.
Besonders das Projekt "Stargate" – ein 500-Milliarden-Dollar-Investitionsprogramm von Unternehmen wie Nvidia, Microsoft und Meta zur Schaffung neuer KI-Infrastrukturen – gab Siemens Energy zuletzt einen kräftigen Börsenschub.
- Die Aktie stieg um 20 %, als Trump das "Stargate"-Projekt ankündigte.
- 2024 legte der Kurs um satte 320 % zu, dank der Euphorie rund um KI und Infrastruktur.
Doch nicht nur neue Investitionen treiben den Kurs, sondern auch die harte Realität: Rechenzentren sind enorme Stromfresser. Laut Siemens Energy steigt die globale Stromnachfrage in den nächsten Jahren um sechs bis acht Prozent jährlich, vor allem durch die Digitalisierungswelle.
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DeepSeek und die Angst vor sinkendem Energieverbrauch
Doch was der Markt gibt, kann er auch wieder nehmen. Der KI-Hype erlitt im Januar einen Dämpfer, als das chinesische Startup DeepSeek ankündigte, dass KI-Modelle künftig mit weniger Rechenleistung und somit weniger Energieverbrauch auskommen könnten.
Die Folge: Siemens Energy verlor innerhalb von Tagen 22 % an Börsenwert.
Denn wenn sich KI effizienter betreiben lässt, würde das langfristig den Bedarf an neuen Kraftwerken und Netzkapazitäten reduzieren. Ein Alptraum für Unternehmen, die auf den Mega-Stromhunger der Rechenzentren gesetzt hatten.
Doch die Panik hielt nicht lange:
- Überzeugende Quartalszahlen (463 Mio. € Gewinn statt erwarteter 373 Mio. €) gaben der Aktie wieder Auftrieb.
- Analysten widersprechen der DeepSeek-Angst: Eine effizientere KI bedeute nicht weniger Investitionen in Infrastruktur, sondern noch schnelleren Ausbau.
Wie wichtig ist KI wirklich für Siemens Energy?
Nach dem Hype und dem Schock bleibt die Frage: Ist KI für Siemens Energy ein entscheidender Faktor – oder nur ein Nebenschauplatz?
Pro KI als Wachstumstreiber:
✅ Rechenzentren benötigen Unmengen an Strom – die Nachfrage nach Netzausbau und Hochspannungstechnologien steigt.
✅ Politische Programme wie "Stargate" investieren Milliarden in neue Energieinfrastruktur.
✅ Siemens Energy deckt viele Schlüsseltechnologien ab, um diese Expansion zu ermöglichen.
Kontra KI-Abhängigkeit:
❌ Der Anteil des KI-Stromverbrauchs ist noch gering – 2024 waren es nur 2 % des weltweiten Bedarfs, bis 2030 werden maximal 4 % erwartet.
❌ Der Kerngeschäftsbereich bleibt klassische Energieinfrastruktur, nicht KI-spezifische Lösungen.
❌ Wasserstoff und erneuerbare Energien bleiben die langfristigen Wachstumstreiber – nicht der KI-Stromhunger allein.
Fazit:
KI ist ein wichtiger, aber nicht der entscheidende Faktor für Siemens Energy. Das Unternehmen profitiert vom Boom, aber sein Geschäftsmodell steht nicht und fällt nicht mit der KI-Entwicklung.