Weniger Gas, mehr Sorgen
Der Energieriese Shell hat seine Prognose zur Gasförderung gesenkt – und die Märkte haben postwendend reagiert. Die Aktie verlor am Montagmorgen zeitweise knapp sieben Prozent und sackte in London auf 23,08 Pfund ab.
Der Auslöser: Ein technisches Update, das mehr als nur Zahlen enthielt. Shell erwartet für das erste Quartal nur noch eine Tagesproduktion von 910.000 bis 950.000 Barrel Öläquivalent Gas. Ursprünglich lag die Schätzung bei bis zu 990.000.
Ursache: Wartungsprobleme in Australien
Kern des Problems sind ungeplante Wartungsarbeiten in mehreren Förderregionen – darunter auch wichtige Anlagen in Australien. Zwar gab der Konzern keine Details zu Dauer oder Umfang der Ausfälle bekannt, doch offenbar reichen die Störungen aus, um den Ausblick für das laufende Quartal spürbar zu dämpfen.
Shell spricht in seiner Mitteilung von einer „aktualisierten Guidance“ – Analysten interpretieren das als vorsichtige Gewinnwarnung.
Kleiner Anstieg, aber nicht genug
Rein rechnerisch liegt die neue Prognose immer noch über der Produktion des vierten Quartals 2024, als Shell 905.000 Barrel pro Tag meldete. Doch das beruhigt die Märkte nicht.
Denn die Erwartungen waren höher – und die Kürzung fällt nicht marginal aus. Vor allem, weil sie mit einem möglichen Verlust einhergeht: Shell rechnet für das erste Quartal mit einem bereinigten Minus zwischen 400 und 600 Millionen US-Dollar.
Für einen der profitabelsten Energiekonzerne der Welt ist das eine klare Enttäuschung.
Wachstum auf wackligem Fundament
Der Rückschlag zeigt, wie anfällig das Geschäft mit Flüssiggas und Gasförderung bleibt – selbst bei Konzernen mit jahrzehntelanger Erfahrung und globaler Präsenz.
Das LNG-Geschäft, das Shell zuletzt massiv ausgebaut hatte, gilt zwar als strategisch wichtig für die Energiewende. Doch es ist auch technisch komplex – und anfällig für Störungen, Wartungsengpässe oder politische Risiken.
Vor allem die Abhängigkeit von einzelnen Großanlagen ist ein Problem. In Australien betreibt Shell unter anderem die gigantische „Prelude“-Plattform, ein schwimmendes LNG-Werk. Genau dort hatte es in der Vergangenheit wiederholt technische Probleme gegeben – auch diesmal könnte sie betroffen sein.
Verlust nicht gleich Krise – aber ein Warnsignal
Dass Shell in einem Quartal mit einem Verlust rechnet, ist kein Grund zur Panik – aber ein Signal. Die Energiepreise sind in den vergangenen Monaten gesunken, gleichzeitig steigen die Kosten für Instandhaltung, Regulierung und Emissionszertifikate. In diesem Umfeld wird auch für Öl- und Gaskonzerne der Spielraum enger.
Hinzu kommt der politische Druck: Shell steht wegen seiner fossilen Geschäftsbereiche unter kritischer Beobachtung – und muss gleichzeitig Milliarden in grüne Technologien investieren.
Fehlende Fördermengen bei klassischen Energieträgern schmerzen da doppelt, weil sie die laufende Transformation zusätzlich belasten.
Anleger verlieren Geduld
Dass die Aktie so deutlich abrutscht, liegt auch an der angespannten Stimmung an den Märkten. Investoren sind nervös, die Volatilität nimmt zu – besonders im Energiesektor. Gewinnwarnungen, auch moderate, werden härter abgestraft als noch vor einem Jahr.
Shells Kursverlust reiht sich in eine Serie schwacher Auftritte anderer Energieunternehmen ein. Auch TotalEnergies und Chevron hatten zuletzt enttäuscht.
Langfristig kein Drama – kurzfristig ein Dämpfer
Für Langfristinvestoren ist der Rücksetzer kein Beinbruch. Shell bleibt ein finanziell gesunder Konzern mit stabiler Dividende und starkem Cashflow. Aber die aktuelle Korrektur zeigt: Auch vermeintlich sichere Energieaktien sind kein Selbstläufer mehr. Technische Probleme, geopolitische Risiken und Marktvolatilität machen das Geschäft unberechenbarer.
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