Die Fast-Fashion-Kette Forever 21, einst ein Favorit unter jungen Konsumenten, steht möglicherweise vor der zweiten Insolvenz innerhalb von fünf Jahren. Billabong, Quiksilver und Volcom haben bereits aufgegeben – der Betreiber Liberated Brands meldete im Februar 2025 Insolvenz an und kündigte die Schließung aller US-Filialen an.
Die Ursache? Ein rücksichtsloser Preiskampf, in dem chinesische Online-Händler wie Shein und Temu mit Dumpingpreisen nahezu unschlagbar sind.
Die brutale Realität des Billigmarkts
Amerikanische Konsumenten lieben niedrige Preise – doch diese Vorliebe bedeutet für viele Einzelhändler das Aus. Shein und Temu nutzen aggressive Preismodelle, die selbst große Player wie Forever 21 und Etsy nicht mehr mitgehen können.
Laut der Analysefirma Coresight schlossen allein 2024 über 7.325 Einzelhandelsfilialen in den USA, ein Anstieg von 33 % gegenüber 2023. Bis Februar 2025 wurden bereits über 3.000 weitere Schließungen angekündigt.
Während Inflation und wirtschaftliche Unsicherheiten die Margen schmälern, kommt die wahre Bedrohung aus China: Shein und Temu dominieren den Online-Handel mit ultraniedrigen Preisen und einer agilen Lieferkette, die es ihnen ermöglicht, aktuelle Trends innerhalb von Tagen auf den Markt zu bringen.
Die traditionellen Einzelhändler hingegen arbeiten mit langen Produktionszyklen und höheren Kostenstrukturen.
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Der gnadenlose Wettbewerb um den günstigsten Preis
„Was Shein und Temu am meisten von der Konkurrenz abhebt, ist ihre Fähigkeit, so drastisch an den Preisen zu schrauben, dass kein anderer Anbieter mithalten kann, ohne Geld zu verlieren“, erklärt Sky Canaves, Analyst für E-Commerce bei eMarketer.
Shein hat es geschafft, innerhalb weniger Jahre den Modemarkt zu dominieren, indem es Mode-Trends in Rekordzeit umsetzt. Temu, eine Tochter des chinesischen E-Commerce-Riesen PDD Holdings, bietet nicht nur Kleidung, sondern auch Elektronik, Haushaltswaren und andere Billigprodukte an.
Beide Unternehmen können es sich leisten, über lange Zeiträume hinweg Verluste zu machen, um Marktanteile zu gewinnen – eine Strategie, die vielen US-Händlern nicht offensteht.
Verändertes Konsumverhalten treibt die Krise voran
Der Trend zur schnellen und billigen Mode geht zulasten der Qualität. Während frühere Generationen bereit waren, für langlebige Kleidung mehr Geld auszugeben, suchen heutige Konsumenten nach dem besten Schnäppchen, ohne langfristige Bindungen an Marken einzugehen.
„Kunden erwarten nicht nur günstige Preise, sondern eine kontinuierliche Verfügbarkeit neuer Trends“, sagt John Mercer, Leiter der globalen Forschung bei Coresight. Selbst Plattformen wie Etsy, einst ein Marktplatz für handgefertigte Produkte, sind in den Wettbewerb mit Billigangeboten eingestiegen – mit mäßigem Erfolg. Die Aktie des Unternehmens fiel nach enttäuschenden Weihnachtsverkäufen erheblich.
Politische Maßnahmen: Ein schwacher Schutz für US-Händler?
Die US-Regierung hat versucht, mit Zöllen und Handelsbeschränkungen gegenzusteuern. Unter der Regierung Trump wurde der „de minimis“-Zollfreibetrag für Importe unter 800 US-Dollar überprüft, da Shein und Temu ihn systematisch nutzen, um Importabgaben zu umgehen.
Doch selbst wenn Zölle steigen, können die chinesischen Händler durch Lagerbestände in den USA und geschickte Versandstrategien weiterhin günstiger anbieten als die Konkurrenz.
Der Einzelhandel im Wandel
Während große Einzelhändler wie Amazon und Walmart versuchen, durch schnelleres Fulfillment und exklusive Produkte ihre Marktstellung zu verteidigen, stehen kleinere Anbieter vor existenziellen Herausforderungen.
Die massive Kapitalstärke von Shein und Temu erlaubt es ihnen, die Preisschraube immer weiter nach unten zu drehen – eine Strategie, die den traditionellen Einzelhandel nachhaltig verändern wird. Ob und wie US-Unternehmen gegen diese Entwicklung ankämpfen können, bleibt abzuwarten.
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