Ein Satz, der alles verändert
Es ist eine Äußerung, die für Aufsehen sorgt. In einem Interview mit der britischen Zeitung The Guardian bringt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erstmals einen möglichen Gebietstausch mit Russland ins Spiel.
„Wenn es den USA gelingt, Russland und uns an den Verhandlungstisch zu bringen, werden wir ein Territorium gegen ein anderes tauschen“, sagte Selenskyj.
Eine Aussage, die einen fundamentalen Kurswechsel für die Ukraine bedeuten könnte – oder zumindest als solcher interpretiert wird.
Denn bisher galt: Kein Zentimeter ukrainischen Bodens wird aufgegeben. Nicht umsonst kämpfen ukrainische Soldaten seit fast drei Jahren um jede Ortschaft, jedes Dorf, jeden strategischen Punkt.
Welche Gebiete wären betroffen?
Selenskyj ließ offen, welche Regionen dabei auf dem Tisch liegen könnten. Auf die Frage, ob die Ukraine russisch besetzte Gebiete eintauschen würde, sagte er lediglich: „Ich weiß nicht, wir werden sehen. Aber alle unsere Territorien sind wichtig, es gibt keine Prioritäten.“
Klar ist: Die Ukraine hat im vergangenen August eine überraschende Offensive gestartet und dabei Gebiete in der russischen Region Kursk erobert. Könnte Kiew diese Regionen als Verhandlungsmasse nutzen, um im Gegenzug besetzte Teile der Ukraine zurückzubekommen?
Und was ist mit der Krim? Offiziell hält die Ukraine daran fest, dass die Halbinsel ukrainisch bleiben muss. Doch in den letzten Monaten gab es immer wieder Stimmen – auch aus dem Westen –, die andeuteten, dass eine „Sonderlösung“ für die Krim denkbar sei.
Druck aus Washington – Trumps neue Strategie
Dass diese Äußerung ausgerechnet jetzt kommt, dürfte kein Zufall sein. In den USA sitzt mittlerweile wieder Donald Trump am Hebel der Macht – und der will den Krieg schnellstmöglich beenden.
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Trump hat bereits im Wahlkampf klargemacht, dass er nicht bereit ist, die Ukraine endlos zu unterstützen. Jetzt setzt er Kiew unter Druck. In den kommenden Tagen trifft Selenskyj am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz auf Trumps Vizepräsident JD Vance. Ein Treffen, das richtungsweisend sein könnte.
Die Botschaft aus Washington ist klar: Eine diplomatische Lösung muss her – und Kiew soll Kompromisse eingehen.
Innere Unruhe in der Ukraine
Doch Selenskyj bewegt sich mit dieser neuen Offenheit auf gefährlichem Terrain. Ein Gebietstausch könnte in der Ukraine zu massiven Spannungen führen.
Die Regierung in Kiew hat ihre Bevölkerung seit Kriegsbeginn darauf eingeschworen, dass es keinen Verzicht auf besetztes Gebiet geben wird. Ein Kurswechsel in dieser Frage könnte Selenskyjs Rückhalt gefährden – vor allem in der Armee, die hohe Verluste für genau diese Territorien erlitten hat.
Auch politisch birgt das Risiko. Nationalistische Kräfte in der Ukraine werden alles daran setzen, ein solches Szenario zu verhindern. Eine Regierung, die als „nachgiebig“ wahrgenommen wird, könnte schnell in eine Krise geraten.
Was bedeutet das für Europa?
Und dann ist da noch Europa. Die EU hat sich stets auf die Seite Kiews gestellt und die russische Besatzung verurteilt. Doch was, wenn Selenskyj tatsächlich Kompromisse eingeht?
Wird die EU mitziehen? Oder droht eine Spaltung, wenn sich herausstellt, dass einzelne Länder – etwa Frankreich oder Deutschland – einen Friedensschluss mit Russland pragmatischer sehen als andere?
Die Reaktionen aus Brüssel auf Selenskyjs Äußerung dürften in den nächsten Tagen genau beobachtet werden.
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