Der anfängliche Optimismus über den ukrainischen Vorstoß in Kursk hat sich verflüchtigt, was sich in einer sich ausbreitenden Erzählung widerspiegelt: Die Ukrainer sind gezwungen, vor den stetigen, wenngleich verlustreichen, russischen Vorstößen in der Donbas-Region zurückzuweichen. Diese Dynamik ist das Resultat der deutlichen Überlegenheit Russlands in Bezug auf Truppenstärke und Artilleriekraft.
Die jüngste Entscheidung der Ukraine, ihre Truppen aus Vuhledar zurückzuziehen, spiegelt diese Herausforderungen wider. Präsident Wolodymyr Selenskyj lobte die Entscheidung als notwendige Maßnahme zum Schutz der Soldaten, deren heroische Leistungen gewürdigt wurden. Vuhledar ist wie viele andere Orte durch die Kämpfe großer Zerstörung ausgesetzt.
Im nördlichen Torezk zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Die russischen Truppen setzen ihren heftigen Vorstoß in diese wichtige Stadt fort. Doch in Chasiv Yar und Pokrowsk wird das russische Vorankommen durch starke ukrainische Verteidigungslinien gebremst. Insbesondere Pokrowsk, ein wichtiges logistisches Zentrum, bleibt nach wie vor unter ukrainischer Kontrolle.
Nico Lange, ehemaliger Stabschef des deutschen Verteidigungsministeriums, sieht die russische Armee zwar in der Nähe von Pokrowsk positioniert, aber nicht in der Stärke, um einen entscheidenden Angriff zu starten. Die Aussicht, Pokrowsk zu erobern, scheint mit extrem hohen Verlusten verbunden und könnte sich viele Monate hinziehen.
Die Strategie der Ukraine zielt darauf ab, Terrain gegen maximalen Schaden für die russische Seite einzutauschen, während sie ihre Kräfte für künftige Verteidigungslinien schont. Trotz den Sorgen über einen möglichen Kollaps der ukrainischen Verteidigung bestehen Anzeichen dafür, dass die russischen Verluste zunehmend untragbar werden. Einem Bericht des Washingtoner Institute for the Study of War zufolge, hat Russland allein im Raum Pokrowsk bedeutende Mengen an Panzern und gepanzerten Fahrzeugen verloren.
Russlands Artillerie-Vorteil nimmt ab, nicht zuletzt wegen der durchwachsenen Qualität nordkoreanischer Munition. Die Kluft zwischen den abgefeuerten Geschossen verengt sich zusehends. Ukrainische Quellen berichten von einem Rückgang des Verhältnisses der abgefeuerten Munition auf 2,5:1 zugunsten Russlands.
Trotz der düsteren Aussichten für die Ukraine bleibt Russland weit davon entfernt, seine Hauptziele zu erreichen. Bislang zeigt es sich schwierig, die Kontrolle über Donzek und Luhansk bis zum Jahresende zu erlangen. Hingegen verzeichnet Russland Erfolge im „Informationsraum“. Diese kann als unterstützendes Argument für zögerliche westliche Hilfe gewertet werden, bemerkt Phillips O'Brien.