Die juristischen Auseinandersetzungen rund um die Katastrophe des Tauchboots Titan werfen komplexe Fragen auf. Die Familie des französischen Entdeckers Paul-Henri Nargeolet, einer der fünf Opfer, hat eine Zivilklage über mehr als 50 Millionen Dollar gegen den Besitzer des Tauchbootes, OceanGate, eingereicht. Der Nachlass von Nargeolet wirft dem Unternehmen grobe Fahrlässigkeit vor und beschreibt den psychischen Schrecken, den die Besatzung vor der Implosion erlitten haben soll.
Jedoch könnte es schwierig sein, vor Gericht eine hohe Entschädigung zu erzielen. Rechtsexperten betonten, dass die Höhe der erstrittenen Summe wohl weit unter dem geforderten Betrag liegen dürfte. Zudem ist fraglich, ob OceanGate nach Einstellung des Geschäftsbetriebs überhaupt über verfügbare Mittel verfügt.
Das Risiko der Passagiere auf dem experimentellen Tauchboot ist ein weiterer kritischer Punkt. John Perlstein, ein Anwalt für Personenschäden, argumentiert, die Passagiere hätten das Risiko des Unterfangens bewusst angenommen. Dies könnte die Klage zusätzlich erschweren.
Die Anwälte von Nargeolets Nachlass stützen sich auf das emotionale und mentale Leid der Passagiere. Ihnen zufolge habe die Besatzung rund 90 Minuten nach Beginn des Tauchgangs erkannt, dass sie sterben würden. Dennoch wird es laut Richard Daynard, Rechtsprofessor an der Northeastern University, schwierig sein, dies vor Gericht zu beweisen.
Während der Fokus der Klage auf grober Fahrlässigkeit liegt, könnte selbst ein solcher Nachweis nicht zu einer hohen Entschädigung führen. Ein Vergleich sei möglich, aber wahrscheinlich nur in Höhe eines Bruchteils der geforderten Summe.
Die letzte Fahrt der Titan fand am 18. Juni 2023 statt. Das Wrack wurde nach einer aufsehenerregenden Suchmission in etwa 300 Metern Entfernung zum Bug der Titanic gefunden. Die Implosion kostete neben Nargeolet auch den CEO von OceanGate, Stockton Rush, sowie weitere prominente Figuren wie Hamish Harding und die pakistanische Familie Dawood das Leben. Es gab keine Überlebenden.
Diese Klage ist wenig überraschend, doch die Erfolgsaussichten sind ungewiss, so der Anwalt Ted Spaulding. Er bezeichnete die Klage als "Hail-Mary"-Versuch. Zum jetzigen Zeitpunkt bleibt offen, ob es andere Verantwortliche zu verklagen gibt.
Paul-Henri Nargeolet, auch bekannt als "Mr. Titanic," bestritt insgesamt 37 Tauchgänge zur Titanic und war eine angesehenes Mitglied der Unterwasserforschungsgemeinschaft. Eine hochrangige Untersuchung des Titan-Unglücks läuft derzeit und eine öffentliche Anhörung ist für September geplant.