Assad verliert die Kontrolle
Nach Jahren scheinbarer Stabilität in Syrien schockiert eine neue Offensive islamistischer Milizen die Region. Aleppo, die einstige Handelsmetropole, und strategisch wichtige Städte fielen schneller, als selbst Experten erwartet hatten.
Videos, die im Netz kursieren, zeigen russische Militärtechnik, die in die Hände der Rebellen gefallen ist.
Selbst moderne Flugabwehrsysteme wie Pantsir und Raketenwerfer mussten Assads Truppen zurücklassen – ein Zeichen für die zunehmende Schwäche des Regimes.
Warum jetzt?
Die Frage, warum die Offensive ausgerechnet jetzt kommt, hat eine klare Antwort: Assads Unterstützer stehen mit dem Rücken zur Wand. Der Krieg in der Ukraine hat Russland stark geschwächt, die Hisbollah und der Iran haben durch den Konflikt mit Israel erheblich an Schlagkraft verloren. Der syrische Diktator, dessen Herrschaft seit 2011 auf externer Hilfe basiert, steht so isoliert wie nie zuvor.
„Die Rebellen haben ihre Chance genutzt“, erklärt Nahostexperte Sinan Ciddi. „Assad ist militärisch und politisch so geschwächt, dass seine Gegner endlich Morgenluft wittern.“
Iran – der große Verlierer
Noch vor wenigen Jahren war der Iran die bestimmende Macht im Nahen Osten. Mit Milizen im Libanon, Irak, Syrien und Jemen kontrollierte Teheran zahlreiche Stellvertreterarmeen. Doch der jüngste Krieg mit Israel hat das Machtgefüge ins Wanken gebracht. Die Hisbollah, lange Zeit der stärkste Partner des Irans, hat nach israelischen Angaben bis zu 70 Prozent ihrer Kampfkraft eingebüßt.
Das Problem für Assad: Ohne eine starke Hisbollah und regelmäßige Lieferungen iranischer Waffen bleibt die Verteidigung seiner Stellungen eine Mammutaufgabe. Der Iran versucht verzweifelt, Milizen aus dem Irak nach Syrien zu schicken, doch auch hier fehlt es an Ressourcen.
Russland zieht sich zurück
Der zweite Pfeiler der Assad-Allianz, Russland, zeigt ebenfalls Schwächen. Der Krieg in der Ukraine bindet nicht nur Truppen, sondern auch die Luftwaffe. Zwar fliegen russische Jets weiterhin Angriffe in Syrien, doch die Bodenunterstützung, die entscheidend war, um Assads Gegner zu zerschlagen, bleibt aus.
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Für Assad bedeutet das: Moskau kann seine Macht in der Region nicht länger projizieren. Die einmal unerschütterliche Allianz aus Russland, Iran und der Hisbollah bröckelt – und das spüren die Rebellen.
Die Türkei überrascht
Ein weiterer Faktor, der das Blatt in Syrien wendet, ist die Türkei. Jahrelang hatte Ankara eine feindliche Haltung gegenüber Assad eingenommen, bevor es zuletzt zur Annäherung kam. Doch jetzt scheint Präsident Erdogan seine Strategie zu überdenken. Von der Türkei unterstützte Milizen sind maßgeblich an der neuen Offensive beteiligt.
„Die Türkei setzt darauf, ihren Einfluss auf ein mögliches Nachfolgeregime in Syrien zu sichern“, erklärt Ciddi. „Das ist eine klare Kursänderung.“ Ankara scheint erkannt zu haben, dass ein schwacher Assad die Möglichkeit bietet, strategisch wichtige Regionen im Norden Syriens dauerhaft zu kontrollieren.