Brüssel rüstet auf – mit deutscher Unterstützung
Brüssel, EU-Ratsgebäude. Es ist ein Gipfel, den viele als historisch bezeichnen. Europas Staats- und Regierungschefs beschließen eine massive Aufrüstung. Noch bemerkenswerter: Deutschland, einst Vorreiter der Haushaltsdisziplin, setzt sich an die Spitze einer Bewegung, die militärische Investitionen durch gelockerte Schuldenregeln ermöglichen soll.
Olaf Scholz, der Kanzler, der früher auf eiserne Sparpolitik pochte, vollzieht eine 180-Grad-Wende.
„Wir müssen unsere Verteidigungsfähigkeit stärken“, sagt Scholz nach einem Abendessen, bei dem es Kabeljau und Garnelen gab. Polens Premierminister Donald Tusk geht weiter: „Wir stehen in einem Wettrüsten mit Russland – und wir werden es gewinnen.“
Trump stellt Europa vor neue Herausforderungen
Auslöser der hektischen Aktivitäten: Donald Trump. Seit seiner Rückkehr ins Weiße Haus hat der US-Präsident Waffenlieferungen an die Ukraine gestoppt, Geheimdienstinformationen zurückgehalten und deutlich gemacht, dass Europa sich nicht mehr auf die USA verlassen kann. In Brüssel stellen die EU-Staatschefs klar: Die Union muss sich selbst verteidigen können.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bringt eine kühne Idee ins Spiel: 150 Milliarden Euro Schulden sollen aufgenommen werden, um Waffen für die Mitgliedsstaaten zu finanzieren.
Raketen, Drohnen, Munition – alles auf Kredit. Ein Tabubruch? Für Scholz offenbar nicht mehr. „Wir müssen Entscheidungen treffen, die es uns erlauben, mehr Geld auszugeben“, erklärt er.

Schuldenbremse? Nur noch mit Ausnahmen
Mit Scholz’ Schwenk verändert sich das Machtgefüge in Europa. Jahrelang war Deutschland die Stimme der Haushaltsdisziplin, gemeinsam mit Schweden, den Niederlanden und Österreich.
Jetzt stehen diese Länder ohne ihren stärksten Verbündeten da. Der Kanzler setzt sich für eine Reform der Schuldenregeln ein: Verteidigungsausgaben sollen nicht mehr in die Berechnung der Haushaltsdefizite einfließen. Ein Paradigmenwechsel.
Nicht alle sind überzeugt
Doch nicht jeder zieht mit. Österreich, Schweden und die Niederlande zeigen sich skeptisch. Sie fürchten, dass eine Aufweichung des Stabilitätspakts den Weg für unkontrollierte Schulden ebnen könnte. Viktor Orbán geht noch weiter: Ungarn blockiert eine gemeinsame Erklärung zur Ukraine-Hilfe.
Der ungarische Regierungschef macht keinen Hehl daraus, dass er nicht an einer Eskalation interessiert ist. Seine Amtskollegen diskutieren nicht lange mit ihm. 26 der 27 EU-Staaten einigen sich auf weitere Hilfen für die Ukraine – inklusive Waffenlieferungen und Sicherheitsgarantien.
Europas Zeitenwende – aber wohin?
Die Weltordnung, wie Europa sie kannte, existiert nicht mehr. Die EU reagiert mit einer massiven Aufrüstung und einer neuen Schuldenpolitik. Doch ist das der richtige Weg? W
irtschaftsexperten warnen vor den langfristigen Folgen. Ein EU-Diplomat bringt es auf den Punkt: „Das könnte den Euro-Raum spalten.“
Klar ist: Europa verändert sich – radikal, schneller als je zuvor. Und Deutschland ist mittendrin. Ob Scholz’ Kehrtwende am Ende als kluge Strategie oder als riskanter Kontrollverlust gewertet wird, wird sich erst noch zeigen.
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