Die deutschen Schülerinnen und Schüler haben in der aktuellen Pisa-Studie, die von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) durchgeführt wird, historisch schlecht abgeschnitten. Sowohl in den Bereichen Lesen, Mathematik als auch Naturwissenschaften wurden die niedrigsten Werte, die jemals für Deutschland gemessen wurden, erreicht. Diese alarmierenden Ergebnisse wurden gestern in Berlin veröffentlicht.
Besorgniserregender Leistungsabfall
Besonders dramatisch ist der Abfall in Mathematik, wo die deutschen Schülerinnen und Schüler nur noch einen Punktwert von 475 erreichten. Verglichen mit der vorherigen Pisa-Studie aus dem Jahr 2019, in der der Punktwert noch bei 500 lag, ist dies ein drastischer Rückgang. Auch in den Bereichen Lesen und Naturwissenschaften sind die Ergebnisse deutlich gesunken. Die Schülerinnen und Schüler erzielten einen Punktwert von 480 im Lesen (2019: 498) und 492 in Naturwissenschaften (2019: 503).
Kein Grund zur Entwarnung
Obwohl Deutschland im internationalen Vergleich in den Bereichen Mathematik und Lesekompetenz nahe dem Durchschnitt der OECD liegt und in Naturwissenschaften über dem Durchschnitt liegt, ist dies kein Grund zum Aufatmen. Die Ergebnisse der diesjährigen Pisa-Studie zeigen, dass es einen noch nie dagewesenen Leistungsabfall gibt. Im Vergleich zu 2018 ist die durchschnittliche Leistung in den OECD-Ländern um 10 Punkte im Lesen und fast 15 Punkte in Mathematik zurückgegangen. Besonders betroffen von diesem dramatischen Abfall sind neben Deutschland eine Handvoll weiterer Länder wie Polen, Norwegen und Island.
Corona-Pandemie als ein möglicher Grund
Die Ursachen für diese besorgniserregenden Ergebnisse der deutschen Schülerinnen und Schüler sehen die Autoren der Studie unter anderem in der Corona-Pandemie. Die Schulschließungen haben sich negativ auf den Kompetenzerwerb ausgewirkt. Im Gegensatz zum OECD-Durchschnitt wurde in Deutschland der Distanzunterricht weniger mit digitalen Medien, sondern eher mit Materialien, die den Jugendlichen zugesandt wurden, gestaltet.
Studienleiterin Doris Lewalter betonte, dass Deutschland im internationalen Vergleich nicht gut auf den Distanzunterricht vorbereitet war, was die Ausstattung mit digitalen Geräten betrifft.
Fehlende Sprachkenntnisse als möglicher Faktor
Ein weiterer möglicher Faktor für die Ergebnisse sind fehlende Sprachkenntnisse. Eine kontinuierliche Sprachförderung für alle Schülerinnen und Schüler sei nach wie vor nicht sichergestellt. Besonders Jugendliche mit Zuwanderungshintergrund beherrschen die deutsche Bildungssprache oft noch nicht ausreichend, wenn sie nach Deutschland kommen. Eine solide sprachliche Ausbildung ist jedoch entscheidend, um den Unterrichtsstoff in allen Fächern zu verstehen.
Verbesserung nur in wenigen Ländern
Die Macher der Pisa-Studie weisen darauf hin, dass nur sehr wenige OECD-Staaten ihre Ergebnisse zwischen 2018 und 2022 verbessern konnten. Japan verbesserte sich beispielsweise im Lesen und in den Naturwissenschaften, während Italien, Irland und Lettland in den Naturwissenschaften Fortschritte erzielten. Im Durchschnitt zeigten Japan und Korea in Mathematik die höchsten Kompetenzen, während Irland, Japan, Korea und Estland beim Lesen an der Spitze standen. In den Naturwissenschaften erzielten Japan, Korea, Estland und Kanada die besten Ergebnisse.
Die Ergebnisse der aktuellen Pisa-Studie sind alarmierend und zeigen, dass dringender Handlungsbedarf besteht, um die Bildungsqualität in Deutschland zu verbessern. Das deutsche Bildungssystem muss die Herausforderungen der Corona-Pandemie und die sprachliche Unterstützung von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund in den Fokus rücken, um langfristig bessere Ergebnisse zu erzielen.