10. Januar, 2025

Wirtschaft

Schluss mit der Reformblockade: Was der Mittelstand jetzt fordert

Während der Standort Deutschland in der Krise steckt, haben die Familienunternehmer einen Plan: Bürokratieabbau, günstigere Energie und ein höheres Arbeitsvolumen sollen das Ruder herumreißen. Aber reicht das?

Schluss mit der Reformblockade: Was der Mittelstand jetzt fordert
Laut einer Studie der Stiftung Familienunternehmen sind die bürokratischen Hürden in Deutschland doppelt so hoch wie in anderen europäischen Ländern.

Klare Worte, deutliche Ansagen – und jede Menge Frust: Die Stiftung Familienunternehmen hat genug von Reformstau und wirtschaftspolitischer Lethargie. „Deutschland ist reformmüde geworden“, sagt Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung.

Bürokratie als Wachstumsbremse
Jahresmonitor 2024: Deutsche Familienunternehmen leiden unter wachsender Regulierungs- und Bürokratielast.

Ein Positionspapier, das der InvestmentWeek exklusiv vorliegt, rechnet mit der aktuellen Wirtschaftspolitik ab. Zehn Forderungen sollen das Ruder herumreißen, bevor Deutschland den Anschluss verliert.

Bürokratie: Der ewige Klotz am Bein

Unternehmer haben keine Zeit für Papierkram – und trotzdem bleibt ihnen nichts anderes übrig. „Zehn Milliarden Euro Bürokratiebelastung abbauen“, lautet die Forderung im Papier.

Ein Beispiel zeigt, warum: Ein Familienunternehmen prüfte weltweit 20.000 Lieferanten, beschäftigte dafür zehn zusätzliche Mitarbeiter und investierte zwei Millionen Euro.

Das Ergebnis? Kein einziger Verstoß gegen Nachhaltigkeitsvorgaben. „Zeit- und Geldverschwendung in Reinform“, kritisiert Kirchdörfer. Die Familienunternehmer wollen einen radikalen Schnitt: Künftig soll Bürokratie maximal zwei Prozent des Umsatzes ausmachen.

Heute liegt der Wert bei rund vier Prozent. Ein „Bürokratie-Grenzwert“ – das klingt mutig, aber sinnvoll.


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Deutschland hat die kürzesten Arbeitszeiten

Es geht um mehr als Bürokratie. Ein zentraler Punkt der Mittelstandsagenda: Arbeiten.

„In der Schweiz wird jährlich 200 Stunden mehr gearbeitet als in Deutschland. Das ist eine Schande für einen Wirtschaftsstandort wie unseren“, heißt es im Papier.

Und: Mit durchschnittlich 18 Krankheitstagen pro Jahr führt Deutschland auch hier eine unrühmliche Statistik an. Steuerliche Anreize für Überstunden und längeres Arbeiten sollen helfen.

Auch Rentner wollen die Familienunternehmen verstärkt zurück in den Arbeitsmarkt holen – allerdings nur, wenn sich das finanziell auszahlt.

Während Schweizer Arbeitnehmer im Jahr 200 Stunden mehr leisten, meldet sich in Deutschland jeder durchschnittlich 18 Tage krank.

Wir brauchen verlässliche Energiepreise

Die Energiekrise hat viele Betriebe in die Knie gezwungen. Jetzt fordern die Familienunternehmen langfristig stabile und günstige Preise.

„Energie darf kein Luxusgut sein – weder für Privatpersonen noch für Unternehmen“, mahnt Kirchdörfer.

Der Mittelstand will mehr Investitionen in erneuerbare Energien, aber auch in konventionelle Kraftwerke. Der Traum von einer klimaneutralen Wirtschaft sei wichtig, aber ohne wettbewerbsfähige Preise nicht umsetzbar.

Freihandel statt Strafzölle

Auch in Brüssel sehen die Familienunternehmen Handlungsbedarf. Deutschland müsse seine Interessen besser vertreten. Kirchdörfer nennt ein Beispiel: „Frankreich hat bei der Lieferkettenrichtlinie erfolgreich verhandelt und massive Entlastungen für seine Unternehmen erreicht. Deutschland? Fehlanzeige.“

Das Ziel: weniger Strafzölle, mehr Freihandelsabkommen. Denn als Exportnation kann sich Deutschland wirtschaftliche Abschottung nicht leisten.

Alarmstufe Rot für den Standort Deutschland

Im Vorwort der Agenda klingt die Botschaft unmissverständlich: „Die Anzeichen für eine Deindustrialisierung verstärken sich.“

Laut einer Studie der Stiftung planen drei Viertel der großen Familienunternehmen, ihre Investitionen im Inland zu reduzieren. Stattdessen wächst das Geschäft im Ausland.