Es ging heiß her im Bundestag, und das nicht zu knapp: Kanzler Olaf Scholz und CDU-Chef Friedrich Merz tauschten vor versammeltem Plenum wortreiche Hiebe aus – jeder wollte der härteste Kämpfer im politischen Ring sein.
Scholz, der in seiner Regierungserklärung nochmals die Entlassung von Finanzminister Christian Lindner verteidigte, ließ kein gutes Haar an seinem Ex-Koalitionspartner.
„Es war nötig und richtig,“ befand Scholz, doch seine gelassenen Worte verdeckten kaum die offensichtliche Anspannung im Raum.
Während der Kanzler Worte des Zusammenhalts bemühte und mahnte, dass „wir am Ende in einem Land leben“, konterte Merz messerscharf: „Sie sprechen von Zusammenhalt, doch sie spalten das Land!“
Die Stimmung: ein einziges Donnerwetter. Doch hinter der aufgewühlten Szenerie war da noch etwas anderes zu spüren – eine Art gegenseitiges Abtasten, die leise Ahnung, dass man einander vielleicht schon bald brauchen könnte.
Zwischen Wahlkampf und Friedenssignalen
Mit der Wahl vor der Tür kann es sich keine Partei leisten, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. CSU-Chef Markus Söder zum Beispiel, der als Gast auf der Bühne stand, nutzte seinen Auftritt, um klar Stellung zu beziehen.
Die AfD? „Eine Partei, die unser Land spalten will.“ Grünen-Chef Robert Habeck? „Das Gesicht der Krise.“ Doch in den Worten Söders schwang auch der Ton eines Politikers mit, der das kommende Rennen wohl kennt: die Notwendigkeit, seine Angriffe zu kalibrieren, sollte man in ein paar Monaten mit genau diesen Rivalen am Verhandlungstisch sitzen.
Und auch Scholz, der vermeintlich versöhnliche Worte fand, verstrickte sich schnell in die eigenen Widersprüche: Während er von Solidarität und Respekt sprach, verteidigte er den Stil seiner Abrechnung mit Lindner.
Die Reaktionen im Plenarsaal? Eine Mischung aus Gelächter und Zwischenrufen. Merz kommentierte trocken, es sei ein Auftritt gewesen, der „nicht von dieser Welt“ stamme. Ein klassischer Merz-Satz, der saß.
Der Wahlkampf ist eröffnet
Kaum ist die Ampel-Koalition geplatzt, schon zieht die SPD ihre Wahlkampfstrategie auf. Scholz möchte die SPD als Hüterin des Sozialstaats positionieren – mit einer klaren Kante gegen „Verteilungskämpfe“.
Der Kanzler brachte Steuersenkungen und Kindergelderhöhungen als Erfolge ins Gespräch, die noch vor der Wahl durchs Parlament müssen. Gleichzeitig versprach er, dass die Rente sicher und stabil bleiben müsse, die „Zentrale Frage“ der Wahl, wie Scholz betonte.
Doch Friedrich Merz war davon nicht sonderlich beeindruckt und warf Scholz prompt vor, Rentenpolitik „für eine Handvoll Jahrgänge“ zu machen.
„Es wird mehr investiert werden müssen, als wir haben,“ fasste SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich die politische Herausforderung der nächsten Regierung zusammen.
Merz antwortete mit dem Hinweis, dass eine solche Schuldenpolitik auf „Kosten der jungen Generation“ gehe und stachelte damit die Emotionen im Saal an. Eine klare Botschaft an die Wähler: Die Union will eine Alternative zu Scholz’ Sozialkurs bieten.
Ein Duell mit Aussicht auf Zusammenarbeit?
So sehr sich Scholz und Merz auch verbal in die Haare gerieten, in der Luft hing stets die Ahnung, dass die Politik hier vielleicht den Grundstein für eine mögliche große Koalition legen könnte.
Denn Merz machte deutlich: Eine Zusammenarbeit mit der AfD werde es nie geben. Auch Scholz ließ durchblicken, dass man nach der Wahl „gemeinsam Lösungen finden“ müsse. Die Fronten sind also gezogen, und dennoch scheint man sich am Ende des Wahltages wieder zusammenzuraufen – das politische Theaterstück des Bundestags, ganz nach dem Drehbuch.
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