Scalable Capital plant Großes. Laut Recherchen von Finance Forward und Finanz-Szene hat der Münchner Neobroker, der mit mehr als einer Million Kunden zu den Schwergewichten der Branche zählt, bei der BaFin eine Vollbanklizenz beantragt. Diese Lizenz würde dem Unternehmen eine ganz neue Dimension eröffnen – und den Wettbewerb im Fintech-Sektor weiter anheizen.
Vollbanklizenz: Ein logischer nächster Schritt?
Bisher agiert Scalable Capital als Wertpapierhandelsbank, eng verbunden mit der Baader Bank. Doch der Wunsch nach mehr Unabhängigkeit wird stärker. Eine eigene Banklizenz würde es dem Unternehmen ermöglichen, selbst Einlagengeschäfte anzubieten – und damit in direkte Konkurrenz zu Konkurrenten wie Trade Republic zu treten.
Letzteres Fintech hat vor einem Jahr eine Banklizenz erhalten und daraufhin ein Zinsangebot sowie eine Debitkarte eingeführt, die sofort auf reges Interesse stieß.
Der Schritt in Richtung Banklizenz ist kein Schnellschuss. Im Hintergrund arbeitet seit Monaten ein Team an einer neuen technischen Infrastruktur, um das Projekt zu realisieren.
Insider sprechen von einem fortgeschrittenen Entwicklungsstand. Dass Scalable Capital die Ambitionen hat, sich mit eigenen Angeboten wie Zinsprodukten aufzustellen, überrascht nicht: Der Markt für solche Finanzdienstleistungen ist riesig, und das Unternehmen könnte dadurch noch mehr Anleger gewinnen.
Market Maker: Das zweite große Vorhaben
Neben der Banklizenz gibt es eine zweite Neuerung: Scalable Capital plant, einen eigenen Market Maker aufzubauen. Ein Market Maker agiert als Handelspartner, wenn Kunden Aktien, ETFs oder Anleihen kaufen oder verkaufen. Dieser Schritt wäre eine echte Revolution für das Fintech. Bisher arbeitete Scalable Capital in diesem Bereich mit externen Partnern zusammen, doch künftig soll das Unternehmen den Handel weitgehend selbst abwickeln.
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Für Kunden bedeutet das: Transaktionen könnten schneller und effizienter abgewickelt werden, da Scalable den Handel direkt internalisieren könnte. Damit würde das Fintech den kompletten Wertschöpfungsprozess selbst kontrollieren. Langfristig könnte dies die Kosten für Kunden senken, da Scalable selbst am Spread – der Differenz zwischen Kauf- und Verkaufspreis – verdienen würde.
Warum die Banklizenz jetzt wichtig ist
Hinter diesen großen Schritten steckt nicht nur der Wille, zu wachsen. Es gibt handfeste regulatorische Gründe. Die Europäische Union hat beschlossen, das Verfahren des „Payment for Orderflow“ zu verbieten. Bisher erhielten Broker wie Scalable Capital Rückvergütungen von ihren Handelspartnern für jede durchgeführte Transaktion.
Mit dem Verbot dieser Praxis könnte die Einnahmequelle versiegen. Doch Scalable hat bereits vorgesorgt: Durch den eigenen Market Maker will das Unternehmen sicherstellen, dass es auch ohne Rückflüsse profitabel bleibt. Die Banklizenz eröffnet zudem neue Geschäftsmodelle, um weiterhin attraktive Angebote für die Kunden zu schaffen.
Erfahrene Bankmanager im Rücken
Um eine Banklizenz zu erhalten, braucht es nicht nur eine solide Strategie, sondern auch erfahrenes Personal. Hier hat Scalable bereits vorgesorgt: Mit Martin Krebs, einem ehemaligen Vorstand der ING-DiBa, hat das Unternehmen einen erfahrenen Bankmanager an Bord geholt, der den Prozess bei der BaFin begleitet. Dass die Finanzaufsicht sich zu den Anträgen nicht äußern will, überrascht nicht – solche Prozesse verlaufen üblicherweise diskret.
Sollte Scalable die Lizenz erhalten, würde das Fintech in eine Liga aufsteigen, in der bisher nur wenige deutsche Fintechs spielen. Unternehmen wie N26, Solaris und Trade Republic haben bereits eigene Banklizenzen und konnten sich dadurch strategisch deutlich breiter aufstellen. Für Scalable wäre dies ein wichtiger Schritt, um sich im umkämpften Neobroker-Markt langfristig zu behaupten.