Es gibt Entscheidungen, die zünden Debatten schneller an, als man „Sportswashing“ sagen kann. Der Zuschlag der FIFA für die Weltmeisterschaft 2034 an Saudi-Arabien ist genau so eine.
Ein Land, in dem die Sommerhitze das Thermometer mühelos in die 40er treibt und Menschenrechte nicht unbedingt auf der Prioritätenliste stehen, soll die größte Bühne des Fußballs ausrichten. Kritiker sprechen von einem weiteren Tiefpunkt der FIFA, Befürworter von einer Chance für Wandel.
Fußball als Visitenkarte eines Königreichs
Saudi-Arabien lässt keinen Zweifel daran, dass es ein globaler Spieler im Sport werden will. Ob durch Investitionen in die Saudi Pro League, spektakuläre Boxkämpfe oder die Übernahme von Clubs wie Newcastle United – das Königreich hat seine Botschaft längst auf den Rasen dieser Welt gebracht: „Wir sind bereit, wir sind ambitioniert.“
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Doch hinter der polierten Fassade brodelt es. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch weisen immer wieder auf die Lage der Arbeitsmigranten, die Diskriminierung von Homosexuellen und eine gestiegene Zahl von Hinrichtungen hin. Der Vorwurf: Saudi-Arabien wolle sein Image mit der WM reinwaschen. Ein Paradebeispiel für „Sportswashing“.
Gianni Infantino und die Kunst der Regelbiegung
Wie die FIFA den Zuschlag an Saudi-Arabien möglich machte, verdient fast schon Applaus – zumindest aus Sicht eines kreativen Regelinterpreten. Eigentlich hätte der asiatische Verband nach der Austragung in Katar nicht so schnell wieder zum Zug kommen dürfen.
Doch FIFA-Präsident Gianni Infantino setzte einfach das Rotationsprinzip außer Kraft, indem er für die WM 2030 Spiele in Europa, Afrika und Südamerika ankündigte. Clever? Ja. Transparent? Wohl eher nicht.
Hitze, Stadien und Baustellen
Und dann ist da noch das ganz praktische Problem: Temperaturen von über 40 Grad Celsius im Sommer. Vermutlich wird die WM wie in Katar in den Spätjahr verlegt, was wieder den Spielkalender internationaler Ligen durcheinanderwirbelt. Zudem existieren viele der geplanten Stadien bisher nur auf Papier.
Doch Geld ist in Saudi-Arabien kein Problem – Milliarden für Infrastrukturprojekte sind quasi Kleingeld für ein Land mit gigantischen Ölvorkommen.
Reform oder Fassade?
Optimisten sehen die WM als Katalysator für Reformen. Tatsächlich hat sich in Saudi-Arabien etwas bewegt: Frauen dürfen Auto fahren, es gibt vorsichtige Öffnungen im gesellschaftlichen Leben. Aber reicht das aus? Kritiker befürchten, dass solche Fortschritte nur kosmetischer Natur sind – zugunsten eines perfekten Gastgeberimages.
Der Ball liegt bei der FIFA
Eines ist sicher: Die WM 2034 wird mehr sein als ein Turnier. Sie wird ein Test für die Glaubwürdigkeit des Fußballs, für die Macht von Kritik und die Bereitschaft, sich ethischen Fragen zu stellen. Ob Saudi-Arabien diese Bühne für Fortschritt nutzt oder sie für PR missbraucht, bleibt abzuwarten.
Am Ende bleibt die Frage: Ist Fußball hier Brückenbauer – oder wird er zum trojanischen Pferd eines Regimes?