Deutschland hat die Raumfahrt für sich entdeckt – und zwar nicht nur als wissenschaftliche, sondern auch als industrielle Schlüsseltechnologie. Während Elon Musk mit seiner Firma SpaceX tausende Starlink-Satelliten in Serie produziert, will ein fränkisches Forschungsinstitut sicherstellen, dass Europa bei diesem technologischen Wettlauf nicht ins Hintertreffen gerät.
Die Grundlagen für eine automatisierte Kleinsatellitenproduktion wurden bereits gelegt. Das Zentrum für Telematik (ZfT) in Würzburg, eine unabhängige Forschungseinrichtung, hat in den vergangenen Jahren ein vielversprechendes Pilotprojekt auf die Beine gestellt.
Mit bescheidenen sechs Millionen Euro Förderung durch die deutsche Raumfahrtagentur DLR wurde eine Anlage aufgebaut, die monatlich einen funktionsfähigen Kleinsatelliten produziert. Das Ziel? Eine industrielle Revolution im Satellitenbau, bei der künftig ein Satellit pro Tag gefertigt werden kann.
Kleinsatelliten als Zukunftssparte
Professor Klaus Schilling, Vorsitzender des ZfT und Pionier der Robotik und Telematik, sieht enorme wirtschaftliche Chancen.
„Satelliten sind eine kritische Infrastruktur für die Digitalisierung und zukünftige wirtschaftliche Anwendungen“, betont Schilling.
Der globale Markt für weltraumgestützte Lösungen, der laut Roland Berger bis 2040 auf 1,25 Billionen Euro wachsen soll, bietet reichlich Potenzial für Unternehmen, die frühzeitig in die industrielle Fertigung einsteigen.
Dabei geht es nicht nur um wirtschaftliche Gewinne. Die deutsche Regierung hatte bereits 2022, nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine, betont, wie wichtig eine unabhängige und souveräne Satelliteninfrastruktur ist.
Solche Systeme sind nicht nur für Kommunikation und Navigation essenziell, sondern auch für Verteidigungsstrategien und Klimadatenanalysen.
Konkurrenz aus den USA und China
Deutschland steht im direkten Wettbewerb mit internationalen Akteuren. Während Elon Musk mit seinem Starlink-Netz schon über 7000 Satelliten in die Erdumlaufbahn gebracht hat, plant China gleich mehrere Megakonstellationen mit jeweils rund 13.000 Satelliten.
Auch Jeff Bezos mit seinem Kuiper-Projekt und das europäische IRIS2-Netz mit geplanten 300 Satelliten mischen im Markt mit.
Die Herausforderung: Diese Flotten benötigen schnelle und kostengünstige Produktionsverfahren. Die Würzburger Initiative könnte hier der Schlüssel sein, denn sie überträgt das Prinzip der Serienfertigung aus der Automobilindustrie auf die Raumfahrt.
Vom Labor zur industriellen Serienfertigung
Aktuell konzentriert sich die Kleinsatelliten-Produktion in Würzburg auf Prototypen und Testmodelle, doch die Vision ist klar: eine größere Fabrik, die Satelliten im Akkord herstellt.
„Wir denken an eine Investition im mittleren zweistelligen Millionenbereich“, erklärt Schilling.
Geplant ist, dass deutsche und europäische Hersteller sowie möglicherweise die öffentliche Hand als Investoren auftreten.
Dass sich dieser Schritt lohnt, zeigt die steigende Nachfrage. Bereits heute sind 24 weitere Satelliten in Würzburg in der Entwicklung – darunter fünf, die Bayern mit hochauflösenden Klimadaten versorgen sollen.
Der erste deutsche Kleinsatellit, UWE-1, wurde bereits 2005 in den Orbit gebracht, und seitdem hat Würzburg seine Rolle als Zentrum für Satellitentechnologie kontinuierlich ausgebaut.
Die wirtschaftliche Dimension
Laut Experten könnte die Raumfahrtindustrie in zwei Jahrzehnten eine ähnliche wirtschaftliche Bedeutung wie die Automobilbranche erreichen. Für Deutschland, das in der Automobilproduktion unter Druck steht, eröffnet sich hier die Möglichkeit, eine neue Superstar-Industrie zu etablieren.
Doch der Wettlauf gegen die Zeit ist eng. „Wir sind international Vorreiter, aber der Vorsprung kann schnell schrumpfen“, warnt Schilling. Wenn Deutschland seinen Platz im globalen „New Space“-Markt sichern will, muss nicht nur die Produktion hochgefahren, sondern auch in Trägerraketen und andere Infrastruktur investiert werden.
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