Der Rücksetzer kam mit Ansage
SAP war lange Zeit ein stabiler Anker im DAX – planbar, solide, berechenbar. Doch ausgerechnet vor der Veröffentlichung der neuen Quartalszahlen bröckelt das Vertrauen.
Die Aktie verliert am Dienstag über 4 % und fällt damit unter die viel beachtete 200-Tage-Linie. Seit dem Allzeithoch im Februar bei 283,50 Euro sind mehr als 23 % des Börsenwerts dahin. Ein Warnsignal. Nicht wegen schlechter Zahlen – sondern wegen der Unwägbarkeiten drum herum.
Trump sorgt für Verunsicherung – wieder einmal
Der aktuelle Kursdruck kommt nicht aus Walldorf, sondern aus Washington. Seit Donald Trump Anfang April ein neues Zollpaket verkündete und kurz darauf Notenbankchef Jerome Powell öffentlich attackierte, herrscht Unruhe an den Finanzmärkten – besonders im Technologiesektor.
Die Folge: Rückgänge auch bei europäischen IT-Titeln, obwohl diese formal gar nicht direkt von Trumps Zöllen betroffen sind.
Doch der Druck wirkt indirekt. Viele SAP-Kunden sitzen in Branchen, die von Handelsbarrieren und politischen Kurswechseln betroffen sind: Automobil, Industrie, Zulieferer. Wenn diese Unternehmen ihre IT-Budgets einfrieren oder Projekte verschieben, spürt das auch ein Anbieter wie SAP – nicht sofort, aber mit Verzögerung.
„Es ist nicht die direkte Zollwirkung, sondern das Klima des Zögerns, das uns Sorgen macht“, erklärt ein Analyst bei der UBS.

Wackelt das Vertrauen in SAP?
Noch ist unklar, wie tief die Folgen für SAP wirklich reichen. Analysten sind sich weitgehend einig, dass die Zahlen für das erste Quartal solide sein dürften. Cloud-Wachstum, treue Bestandskunden und eine stabile Auftragspipeline sprechen dafür, dass die Bilanz zumindest auf dem Papier überzeugt. Trotzdem halten sich viele Investoren zurück – aus Angst, dass aus politischer Unsicherheit wirtschaftlicher Stillstand wird.
Wechselkurse und Wachstum: Rückenwind wird zur Seitenbrise
Hinzu kommt ein Effekt, der gerne übersehen wird: der Währungsfaktor. Noch im Vorjahr profitierte SAP stark vom schwachen Euro gegenüber dem Dollar – jetzt flacht dieser Vorteil ab.
Analysten wie Brennan und UBS-Experte Michael Briest erwarten daher, dass die Jahresprognose wohl stabil bleibt, der erwartete Zusatzschub durch Wechselkurseffekte aber verpufft. Für Umsatz und operatives Ergebnis bedeutet das: keine großen Sprünge.
Ein DAX-Schwergewicht, aber kein Selbstläufer mehr
Was bleibt, ist ein SAP zwischen zwei Welten. Einerseits ein hochprofitabler Cloud-Anbieter mit internationalem Kundenstamm und starker Bilanz. Andererseits ein Konzern, dessen Kunden und Märkte zunehmend unter politischem Druck stehen – und der selbst Teil eines global vernetzten Systems ist, das auf Verlässlichkeit angewiesen ist.
Die aktuelle Schwäche ist kein Absturz – aber ein klares Signal. SAP wird in den kommenden Monaten beweisen müssen, dass es nicht nur technologisch stark ist, sondern auch in unsicheren Zeiten Vertrauen verdient. Die heutigen Quartalszahlen sind dabei nur ein Etappenziel.
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