16. September, 2024

Transport

Sanktionen gegen Norfolk Southern: Wettbewerbsfähigkeit und Betriebsqualität im Schienenverkehr unter Druck

Sanktionen gegen Norfolk Southern: Wettbewerbsfähigkeit und Betriebsqualität im Schienenverkehr unter Druck

Aktuell steht das operative Geschäft der Class I-Eisenbahnen im Fokus massiver Diskussionen. Die jüngste Klage des US-Justizministeriums gegen Norfolk Southern wegen mangelhafter Bevorzugung des Crescent-Passagierzuges ist symptomatisch für anhaltende Schwierigkeiten im US-Güterverkehr.

Das Problem, so Ann Warner von der Freight Rail Customer Alliance, liege in der fehlenden Investition in Personal und Schienenkapazität. Die Frachtgesellschaften priorisieren nach Ansicht von Warner niedrige Betriebskosten und Aktienrückkaufprogramme über betriebliche Performance und Infrastrukturentwicklung. Dies führe zu überlangen Zügen, die bestehende Ausweichgleise überlasten und somit den Verkehrsfluss behindern.

Wick Moorman, ehemaliger CEO von Norfolk Southern und kurzzeitiger Chef von Amtrak, unterstützt diesen Befund. Er sieht eine klare Notwendigkeit, die Bevorzugungsvorgaben für Passagierzüge klar zu definieren und durchzusetzen, um die Pünktlichkeitsquote nachhaltig zu verbessern. Der bestehende Interpretationsspielraum führt laut Moorman zu der aktuellen Frustration, und ohne klare Richtlinien und Durchsetzungsmechanismen bleibt das Problem ungelöst.

Besorgt über potenzielle Negativfolgen einer strikten Bevorzugung, betonen einige Branchenkenner die potenziellen Störungen im Frachtverkehr. Rick Paterson von Loop Capital Markets warnt vor chaotischen Zuständen in stark befahrenen Frachtkorridoren, sollten Amtrak-Züge plötzlich konsequent Vorrang erhalten.

Praktische Beispiele aus der Vergangenheit illustrieren die Problematik: Die BNSF Railway, Norfolk Southern und Union Pacific experimentierten vor Jahren mit Hochgeschwindigkeitszügen für UPS, deren Priorisierung jedoch erhebliche Störungen im restlichen Güterverkehr verursachte.

Einige Fachleute heben hervor, dass Strategien wie Precision Scheduled Railroading, die weniger, dafür aber längere Züge einsetzen, theoretisch die Kapazität für Passagierzüge erhöhen könnten. Dennoch bleibt die effektive Umsetzung herausfordernd.

Amtrak-CEO Stephen Gardner hatte zuvor geäußert, dass keine Hinweise darauf bestehen, dass die Bevorzugung von Passagierzügen die Effizienz des Güterverkehrs beeinträchtigt. Zudem habe bislang keine Güterbahngesellschaft bei der Oberflächenverkehrsbehörde STB um Erleichterung ersucht, was die Aussage stützt, dass entweder kein negativer Einfluss besteht oder die Bevorzugung erst gar nicht umgesetzt wird.

Das komplexe Zusammenspiel von Fracht- und Personenverkehr auf eng begrenztem Streckennetz bildet weiterhin ein zentrales Spannungsfeld. Martin J. Oberman, ehemals Vorsitzender der STB, betont, dass eine klare Durchsetzung der Pünktlichkeitsvorgaben erforderlich sei. Die offenen Fragen rund um notwendige Kapazitätserhöhungen und deren Finanzierungsverteilung zwischen öffentlichen Geldern und den Bahngesellschaften bleiben bestehen.