Eine der bekanntesten europäischen Billigfluggesellschaften, Ryanair, hat in der jüngsten Auseinandersetzung mit Online-Reisebüros unerwartete Rückschläge erlitten. Diese sogenannten 'Piraten', wie Ryanair-Chef Michael O'Leary sie gern bezeichnet, schienen sich als hartnäckigere Gegner zu erweisen als zunächst vermutet. Doch obwohl die Aktien von Ryanair im laufenden Jahr hinter einigen Konkurrenten wie easyJet zurückblieben, ist nicht davon auszugehen, dass das Unternehmen langfristig darunter leiden wird.
O'Leary schockierte den Markt bereits im Juli mit der Ankündigung, dass die Sommerflugpreise von Ryanair deutlich niedriger ausfallen würden als im Vorjahr. Dies weckte Befürchtungen vor einem abrupten Ende des pandemiebedingten Reisebooms. Verwunderung herrschte, als andere wie easyJet diese düstere Perspektive nicht teilten.
Nun hat Ryanair bestätigt, dass die Auseinandersetzung mit den Online-Reisebüros maßgeblich zum Rückgang der durchschnittlichen Ticketpreise im ersten Halbjahr beigetragen hat. Diese fielen um 10 Prozent auf durchschnittlich 52 Euro pro Ticket, was auch zu einem Rückgang des Nettogewinns um 18 Prozent auf 1,79 Milliarden Euro beitrug.
Am Ende des Jahres 2023 hörten Plattformen wie Booking.com, Expedia und Kayak plötzlich auf, Ryanairs Flüge zu verkaufen. Ryanair nahm dies gelassen hin, ging aber davon aus, dass Kunden direkt über die eigene Website buchen würden. Diese Annahme erwies sich als Fehleinschätzung, da die Loyalität der OTA-Kunden größer war als erwartet. Dies zwang die Airline, ihre Preise zu senken, um die Flugzeuge voll zu bekommen.
Ryanair hat auch mit anderen Herausforderungen zu kämpfen: Die Erwartungen an die Passagierzahlen für das nächste Geschäftsjahr wurden aufgrund von Lieferverzögerungen bei Boeing von 215 Millionen auf 210 Millionen Passagiere nach unten korrigiert. Trotzdem hat das Unternehmen durch 'genehmigte Partnerschaften' mit den meisten Online-Reisebüros viele Konfliktpunkte gelöst, was die Wiederaufnahme des Ticketvertriebs ermöglicht.
Mit der Bewältigung der OTA-Konflikte und der Tatsache, dass andere Fluggesellschaften ebenfalls mit Lieferverzögerungen konfrontiert sind, muss Ryanair voraussichtlich nicht lange im Schatten stehen. Zudem ist das Unternehmen nicht von den Problemen der Pratt & Whitney-Triebwerke betroffen und profitiert von Kapazitätsbeschränkungen in der Branche, die die Preise stabil halten dürften.
Laut dem Analysten Alex Irving von Bernstein erscheinen die Einkommenserwartungen für Ryanair im Jahr 2026 zu konservativ. Sie deuten auf einen Gewinn pro Passagier von nur 9 Euro hin, während vor der Pandemie etwa 11 Euro erzielt wurden. Mit dem Großteil der Konflikte im Rücken scheint Ryanair bereit, wieder durchzustarten.