Die Sanktionen – Fluch oder Segen?
Als die westlichen Staaten nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine 2022 harte Sanktionen verhängten, schien das Ende der Oligarchen-Ära besiegelt. Konten wurden eingefroren, Luxusgüter beschlagnahmt, Geschäftsfelder blockiert.
Doch mehr als zwei Jahre später zeigt sich: Die Milliardäre, die eigentlich geschwächt werden sollten, haben sich besser angepasst als erwartet – und einige sind sogar noch wohlhabender geworden.
Nach einer Studie der London School of Economics konnten rund 40 Prozent der sanktionierten Oligarchen ihr Vermögen trotz der Restriktionen steigern. Gleichzeitig fielen drei Fünftel der nicht sanktionierten Milliardäre aus der Forbes-Liste. Warum also profitieren gerade diejenigen, die ins Visier des Westens geraten sind?
Vom Westen zurück ins sichere Russland
Viele Oligarchen, die vor dem Krieg einen Großteil ihres Vermögens im Ausland hielten, haben nach den Sanktionen ihre Kapitalströme nach Russland verlagert. Laut einer Bloomberg-Analyse wurden in den ersten 18 Monaten des Krieges mindestens 50 Milliarden US-Dollar von westlichen Märkten in die russische Wirtschaft zurückgeführt.
„Die Sanktionen haben Russland nicht geschwächt – sie haben das Kapital der Oligarchen zurück nach Moskau getrieben“, erklärt der russische Investmentbanker Andrej Movchan.
Dazu gehört auch Michail Fridman, einst einer der größten privaten Bankiers Russlands. Mit einem geschätzten Vermögen von 13,6 Milliarden Dollar zog er sich zunächst nach London zurück, geriet dort aber schnell unter Druck.
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Als ihm der Zugang zu seinen europäischen Konten verwehrt wurde, blieb ihm letztlich nur der Rückzug nach Russland. Ähnlich erging es Roman Abramowitsch, der nach dem Zwangsverkauf des FC Chelsea Milliarden in russische Assets investierte.
Vier Strategien der Oligarchen zur Profitmaximierung
Wie haben sich diese Milliardäre trotz Wirtschaftskrieg behauptet? Experten identifizieren vier Hauptwege, wie sanktionierte russische Unternehmer aus den Krisen Kapital schlagen:
- Übernahme westlicher Unternehmen: Hunderte westlicher Konzerne haben sich seit 2022 aus Russland zurückgezogen – ihre lokalen Geschäftsbereiche wurden dabei oft zu Spottpreisen an russische Unternehmer verkauft. Beispiele sind die einstigen McDonald’s- und Renault-Niederlassungen, die jetzt unter neuer Flagge weitergeführt werden.
- Importsubstitution: In vielen Bereichen, etwa der Pharmaindustrie oder dem Agrarsektor, mussten russische Unternehmen plötzlich eigene Lösungen finden. Lokale Produzenten füllten die Lücke – oft mit massiven staatlichen Subventionen. Diese Umstellung bescherte einigen Oligarchen Rekordgewinne.
- Gewinne aus globalen Marktverwerfungen: Die russische Wirtschaft bleibt trotz Sanktionen ein bedeutender Rohstofflieferant. Düngemittel, Flüssigerdgas und Palladium sind weiterhin gefragt – oft über inoffizielle Handelskanäle nach Asien oder Afrika.
- Boom der Binnenwirtschaft: Reisebeschränkungen haben dazu geführt, dass wohlhabende Russen verstärkt im Inland konsumieren. Die Nachfrage nach Luxusimmobilien, hochwertigen Autos und Inlandsreisen ist gestiegen – was insbesondere Oligarchen mit Investitionen im Einzelhandel und Tourismus zugutekommt.
Neue Milliardäre trotz Kriegswirtschaft
Während einige bekannte Namen auf der Forbes-Liste abrutschten oder verschwanden, hat sich die Zahl der russischen Milliardäre insgesamt erhöht. Im vergangenen Jahr gesellten sich 19 neue Namen hinzu – so viele wie zuletzt 2011.
Besonders profitabel waren Unternehmen im Bereich IT, E-Commerce und Cloud-Computing. Arkadij Wolosch, Gründer der Suchmaschine Yandex, hat sich aus Russland abgesetzt und sein Cloud-Unternehmen Nebius mit Investitionen von Nvidia und anderen internationalen Partnern aufgebaut.
Die Zukunft der Oligarchen: Zwischen Kreml und Kapitalismus
Dennoch bleibt die Zukunft vieler Oligarchen unsicher. Während einige ihre Vermögen ins Ausland retten konnten, geraten andere zunehmend ins Visier des Kremls. Präsident Putin hat in den letzten Jahren mehrfach bewiesen, dass ihm zu viel wirtschaftliche Macht in privaten Händen ein Dorn im Auge ist. Unternehmen, die als illoyal gelten, werden verstaatlicht oder an regierungstreue Geschäftsleute übergeben.
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