19. September, 2024

Märkte

Russlands geheimes Netzwerk: So umgeht Moskau die US-Sanktionen

Russlands geheimes Netzwerk: So umgeht Moskau die US-Sanktionen

Ein simpler Apartmentkomplex nahe Mumbai offenbart mit seinen bunten Kritzeleien an den Wänden nichts Ungewöhnliches. Doch hinter der Fassade verbirgt sich eine zentrale Rolle im russischen Bestreben, US-Energie-Sanktionen zu umgehen. Seit Juni ist die Adresse als Sitz von Ocean Speedstar Solutions registriert, einem Unternehmen, das eine russische Schattenflotte unterstützt, die Flüssigerdgas (LNG) aus einer renommierten Anlage nördlich des Polarkreises exportiert.

Die eigentliche Überraschung: Der Bewohner dieses Apartments, Nikhil Ganesh Ghorpade, ein Fotojournalist ohne Energieerfahrung, trägt ohne sein Wissen zur komplexen Netzwerkbildung bei. Er registrierte das Unternehmen auf Bitte eines Freundes unter seiner Adresse.

Russlands Strategie zielt darauf ab, Verwirrung zu stiften und Zeit zu gewinnen, sagt Kjell Eikland von Eikland Energy AS. Diese Schattenflotte soll als alternative Route dienen, nachdem westliche Sanktionen die altbewährten Kunden verbindlich erschweren. Russlands Präsident Wladimir Putin fördert das Arctic LNG 2-Projekt vehement, um zu zeigen, dass die Sanktionen den Handel nicht stoppen können.

Moskau will bis 2030 die LNG-Exporte verdreifachen und somit ein Standbein der Post-Konflikt-Wirtschaft sichern. Der LNG-Markt ist laut Maximilian Hess, Autor von „Economic War: Ukraine and the Global Conflict between Russia and the West“, für die nächsten 10 bis 15 Jahre besonders bedeutsam. Um China, den weltweit größten Käufer, buhlen sowohl Russland als auch die USA, die ihre LNG-Exporte ebenfalls massiv steigern wollen.

Es scheint, dass Moskau dieselbe Strategie nun für LNG anwendet, die bereits bei Öl erfolgreich war. Diesmal formt sich die Flotte über Unternehmen in Dubai und Indien, wie etwa die in Mumbai ansässige Ocean Speedstar Solutions. Trotz der ausgeklügelten Logistik bleiben viele der Schiffe oft unauffindbar, weil sie ihre Standorte fälschen – eine Praxis namens „Spoofing“.

Eine von Bloomberg analysierte Reise zeigt, dass die Schiffe, die das Arctic LNG 2-Terminal bedient haben, häufig ihre Position verschleiern, um Sanktionen zu umgehen. Unterdessen agieren indische Unternehmen zurückhaltend gegenüber einseitigen Sanktionen.

Die Umsetzung dieser Schritte bleibt risikoreich: Dickes Eis wird den Transportweg bald blockieren und die älteren Schiffe der Schattenflotte sind den harschen arktischen Bedingungen nicht gewachsen.

Russland zeigt sich unerschütterlich: Während die zweite Phase von Arctic LNG 2 gebaut wird, sucht Novatek beständig nach neuen Abnehmern in Asien. Putin bekräftigte kürzlich: „Wir werden trotz aller Schwierigkeiten weitermachen.“