Der russischen Wirtschaft droht laut einem regierungsnahen Think Tank ein wirtschaftliches Worst-Case-Szenario. Die Zentralbankpolitik, die auf eine straffe Geldpolitik setzt, könnte der Auslöser für eine drohende Stagflation sein – eine gleichzeitige wirtschaftliche Stagnation oder Rezession bei anhaltend hoher Inflation.
Dieses düstere Bild zeichnete am Mittwoch das Zentrums für makroökonomische Analysen und kurzfristige Prognosen (TsMAKP). Angesichts der immer noch hohen Preissteigerungen sieht der Think Tank die Wirtschaft Russlands in Gefahr. Der Druck auf den Kreml wächst, denn eine Kombination aus schwachem Wachstum und hoher Inflation könnte unbeherrschbar werden.
Problematisch an der Stagflation ist, dass sie Zentralbanken vor eine besondere Herausforderung stellt. Während in wirtschaftlichen Abschwüngen normalerweise eine Lockerung der Zinspolitik helfen könnte, bleibt dieser Ausweg bei hoher Inflation verschlossen: Um die Preissteigerungen abzukühlen, müssen die Zinsen hoch bleiben.
Die russische Zentralbank hat diese Gefahren bereits erkannt und reagierte mit einer Erhöhung des Leitzinses auf ein Rekordhoch von 21%. Doch trotz dieser Maßnahmen bleibt die Inflation beständig und trieb im September die jährliche Inflationsrate auf 8,63%. Im Oktober sank diese zwar leicht auf 8,54%, jedoch stiegen die Lebensmittelpreise weiter dramatisch an, wie die um 64% aufgeschlagenen Kartoffeln zeigen.
Während die Preise auf hohe Zinsen wenig eindrucksvoll reagieren, zeigen sich die Auswirkungen auf russische Unternehmen deutlich. Sergei Chemezov, CEO des Rüstungskonzerns Rostec, warnte vor den Folgen: Die hohen Zinsen kosten den Betrieben die Profitabilität und könnten landesweit zu Insolvenzen führen. TsMAKP sieht durch den aktuellen Zinskurs und die Aussicht auf weitere Erhöhungen zudem eine Krise bei Investitionen voraus.
Inmitten dieser Herausforderungen zeigten aktuelle Daten einen Rückgang der russischen Wirtschaftsleistung um 3,1% im Vergleich zum Vorjahr im letzten Quartal, was die Sorge vor einer drohenden Stagflation weiter anheizt.