In einem dramatischen Vorfall hat sich das im russischen Einflussbereich operierende Tankschiff Eagle S als Auslöser für eine neue Dimension der Bedrohung der europäischen Unterwasserinfrastruktur erwiesen. Eingebettet in den Kontext einer intensiveren hybriden Kriegsführung Moskaus, versuchte die Eagle S am 25. Dezember, durch das Ziehen ihres Ankers das 170 Kilometer lange Estlink-2-Stromkabel zwischen Finnland und Estland zu beschädigen. Dieses Manöver führte zu einem plötzlichen Stromausfall in Estland. Die finnische Küstenwache reagierte prompt und eskortierte das unter der Flagge der Cookinseln fahrende, 20 Jahre alte Schiff zur Untersuchung in finnische Gewässer.
Nur wenige Tage später bestätigte Finnlands Ermittlungsbehörde, dass der Anker mehrere Dutzend Kilometer über den Meeresboden geschleift wurde und bislang nicht gefunden werden konnte. Die Schäden an Estlink 2 werden voraussichtlich mindestens sechs Monate Reparaturzeit in Anspruch nehmen. Mit der Beschlagnahmung eines Schiffes wegen Unterseekabel-Schaden betritt Finnland Neuland und sendet ein starkes Signal für ein härteres Durchgreifen.
Auch andere europäische Länder haben mit ähnlichen Zwischenfällen zu kämpfen. So wurde im November der chinesische Frachter Yi Peng 3 verdächtigt, zwei unterseeische Glasfaserkabel in der ausschließlichen Wirtschaftszone Schwedens zu beschädigen. Obwohl schwedische Beamte das Schiff inspizierten, verlief die chinesische Untersuchung nur schleppend. Boris Pistorius, Deutschlands Verteidigungsminister, bezeichnete diese Vorfälle als klaren Sabotageakt. Weitere Verdachtsfälle betreffen das Schiff Newnew Polar Bear und die Schäden an der Balticonnector-Gaspipeline, die ebenfalls als Unfall seitens chinesischer Behörden deklariert wurden.
Der Einsatz von Schiffen wie Eagle S und Swiftsea Rider, die zur Umgehung von Sanktionen eingesetzt werden, birgt nicht nur Risiken durch physische Beschädigungen, sondern auch durch Spionageaktivitäten. Beide Schiffe sollen über hochentwickelte Spionageausrüstung verfügen, was ihren Status als "unsichtbare Flotte" weiter untermauert.
Finnlands schnelles Handeln traf auf Zustimmung innerhalb der EU und der NATO, die kürzlich Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit ihrer Unterwasserinfrastruktur beschlossen haben. Die Einberufung eines sicherheitspolitischen Krisentreffens in Brüssel unterstrich den zunehmenden Handlungsdruck. Der NATO-Generalsekretär Mark Rutte und andere Führungspersönlichkeiten der Region streben nach einer stärkeren Abschreckung gegenüber russischen Sabotageakten.
Das mögliche Gerichtsverfahren gegen die Betreiber der Eagle S in Finnland ist ein bedeutender Präzedenzfall, der weitere Schritte gegen die "Grauzonen"-Aktivitäten Russlands andeutet. Die Frage bleibt, ob andere Nationen diesem Beispiel folgen werden, angesichts der wachsenden Bedrohung von Frieden und Sicherheit durch diese verdeckten Operationen.