07. Oktober, 2024

Wirtschaft

Runiert das Verbrenner-Verbot unsere Wirtschaft?

Ex-Vizekanzler Sigmar Gabriel kritisiert das EU-weite Verbrenner-Aus ab 2035 als Gefahr für die deutsche Autoindustrie. Besonders die Zulieferer stehen seiner Meinung nach vor einem „stillen Sterben“.

Runiert das Verbrenner-Verbot unsere Wirtschaft?
Sigmar Gabriel warnt vor dem „ruinösen“ Verbrenner-Verbot ab 2035 und sieht in der deutschen Autoindustrie eine der wichtigsten Säulen des Wohlstands gefährdet.

Sigmar Gabriel, ehemaliger Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister, schlägt Alarm: Das geplante Verbrenner-Verbot der EU ab 2035 werde die deutsche Volkswirtschaft massiv schädigen. In einem Interview mit dem „Handelsblatt“ macht Gabriel deutlich, wie ernst er die Lage sieht.

„Kein anderes Land der Welt würde so etwas tun“, betont der SPD-Politiker.

Für ihn steht fest: Das Verbot könnte eine der tragenden Säulen des deutschen Wohlstands ins Wanken bringen.

Zulieferer im Fokus – Gabriel warnt vor „stillem Sterben“

Besonders besorgt zeigt sich Gabriel über die Automobilzulieferer. Diese Unternehmen, oft wenig beachtet, liefern wichtige Teile für Verbrennungsmotoren – doch ihre Zukunft sieht düster aus.

„Das ist ein stilles Sterben“, sagt Gabriel. Er kritisiert, dass die Politik nun überrascht auf die Jobverluste in der Branche reagiert. „Dass zigtausend Stellen in der Zuliefererindustrie abgebaut werden, war absehbar.“

Für Gabriel steht fest, dass das schnelle Ende des Verbrennungsmotors zu großen wirtschaftlichen Verwerfungen führen wird. Die Autoindustrie sei seit Jahrzehnten einer der wichtigsten Arbeitgeber in Deutschland, vor allem in den Zulieferbetrieben.

Viele dieser Firmen sehen sich jetzt mit einem existenziellen Problem konfrontiert: Ihr Geschäftsmodell könnte bald obsolet sein.

Laut Gabriel sei ein moderner Diesel über die gesamte Lebensdauer eines Fahrzeugs kaum schädlicher für die Umwelt als ein Elektroauto, was die Sinnhaftigkeit des schnellen Verbrenner-Verbots infrage stellt.

Verbrenner gegen Elektroautos

Gabriel stellt zudem die Umweltvorteile von Elektroautos infrage. Ein moderner Diesel, so argumentiert er, sei über die gesamte Lebensdauer des Fahrzeugs kaum umweltschädlicher als ein Elektroauto.

„Warum sollen wir den Diesel so schnell abschaffen, wenn seine Emissionen im Vergleich mit Elektroautos über die Lebensdauer ähnlich ausfallen?“, fragt er.

Für ihn ist die Entscheidung der EU überstürzt und nicht ausreichend durchdacht.

Das Verbrenner-Aus, das 2021 beschlossen wurde, sieht vor, dass ab 2035 keine neuen Benzin- oder Dieselautos mehr zugelassen werden. Die FDP konnte immerhin eine Ausnahme für Autos mit E-Fuels, einem synthetischen Kraftstoff, durchsetzen. Diese Kraftstoffe, die mit Strom und CO₂ hergestellt werden, sind allerdings noch weit davon entfernt, marktreif zu sein.

Mehrheit der Deutschen lehnt das Verbot ab

Gabriels kritische Haltung findet in der Bevölkerung breite Unterstützung. Umfragen zeigen, dass eine Mehrheit der Deutschen das Verbrenner-Verbot ablehnt.

Auch politische Vertreter von CDU, CSU und FDP haben sich inzwischen gegen die Regelung ausgesprochen. Gabriel ist damit nicht allein.

Doch die EU-Kommission bleibt hart. Ursula von der Leyen, die Präsidentin der Kommission, betonte zuletzt, dass die beschlossene Regelung – mit Ausnahme der E-Fuels – Bestand haben soll.

Für Gabriel ist das zu wenig. „Wir brauchen eine echte Debatte darüber, wie wir den Übergang zur Elektromobilität sozial und wirtschaftlich verträglich gestalten können“, fordert er.

Besonders der Hinweis auf die mangelnde Planungssicherheit für Unternehmen stößt ihm auf. Viele Autohersteller, darunter Volkswagen und Ford, haben in den letzten Monaten immer wieder betont, dass sie Klarheit über die Zukunft benötigen. Doch statt Stabilität sieht Gabriel einen großen wirtschaftlichen Umbruch auf Deutschland zukommen.

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