Schwache Werbemärkte und die verhaltene konjunkturelle Lage in Deutschland und Frankreich setzen RTL schwer zu. Der Medienkonzern, der in den letzten Jahren auf ein starkes Streaming-Wachstum setzte, muss nun seine Umsatzprognose zurückschrauben und sieht beim operativen Gewinn nur noch das untere Ende der Erwartungen in Reichweite.
Am Mittwoch reagierte die RTL-Aktie heftig: Ein Verlust von 11,39 Prozent ließ sie auf ein Rekordtief von 24,90 Euro sinken.
RTL, eine Tochter des Bertelsmann-Konzerns, sieht sich mit einem stagnierenden Markt für TV-Werbung und einem wachsenden, aber kostspieligen Streaminggeschäft konfrontiert.
Nach einem Umsatzwachstum auf 4,2 Milliarden Euro in den ersten neun Monaten sank der Quartalsumsatz zuletzt um 5,5 Prozent auf 1,34 Milliarden Euro. Besonders problematisch: Die Werbeeinnahmen gingen um 2,4 Prozent zurück.
Auch die Produktionstochter Fremantle, die Inhalte für den internationalen Markt produziert, trug mit schwächeren Erlösen zum Umsatzrückgang bei.
Wirtschaftsflaute trifft TV-Werbemarkt
Das schwierige Umfeld zeigt sich besonders in den deutschen und französischen Werbemärkten. Zudem wies RTL darauf hin, dass große Events wie die Olympischen Spiele, die im August von öffentlich-rechtlichen Sendern übertragen wurden, weitere Budgets abgezogen haben.
Im Vergleich zum Vorjahr sinken die Erwartungen deutlich: Statt der ursprünglich erwarteten 6,6 Milliarden Euro peilt RTL nun für 2024 einen Jahresumsatz von 6,3 Milliarden Euro an.
Der operative Gewinn (EBITA) wird auf rund 700 Millionen Euro geschätzt – im Vergleich zu den 782 Millionen des Vorjahres eine spürbare Verschlechterung.
Streaming bleibt teuer – Wachstum durch Abos
Während die Umsätze aus der Werbung und Content-Produktion enttäuschen, wächst RTLs Streaming-Geschäft stark. Um satte 40 Prozent legte der Streaming-Umsatz auf 277 Millionen Euro in den ersten drei Quartalen zu.
Treiber dieses Wachstums sind höhere Abo-Preise in Deutschland und eine wachsende Zahl zahlender Abonnenten, die bis Ende des Jahres die Marke von sieben Millionen überschreiten soll.
Doch dieser Erfolg hat seinen Preis: RTL investiert weiter intensiv in den Ausbau seiner Streaming-Dienste und verzeichnet allein in diesem Jahr Anlaufverluste von 200 Millionen Euro im Streaming-Bereich.
„Trotz des Wachstums bei Streaming sehen wir uns durch die anhaltenden Herausforderungen im Werbemarkt und die steigenden Programmkosten belastet,“ kommentierte Thomas Rabe, CEO der RTL Group. „Wir bleiben jedoch zuversichtlich, dass unser Streaming-Bereich langfristig die Erträge stabilisieren wird.“
Negative Stimmung für ProSiebenSat.1 im Schlepptau
Die Ernüchterung der Anleger bei RTL wirkt sich auch auf die Aktien der Konkurrenz aus: ProSiebenSat.1 verlor am gleichen Tag 4,8 Prozent und erreichte damit den niedrigsten Stand seit 2009.
Seit Jahresbeginn summieren sich die Verluste der ProSiebenSat.1-Aktie auf mehr als 14 Prozent. Analysten sehen die anhaltende Schwäche im TV-Werbemarkt als Hauptgrund für den Abverkauf.
Adam Berlin von der UBS weist darauf hin, dass die Erwartungen der Analysten für RTL in diesem Jahr angepasst werden müssen, da die Erlöse aus der Werbung und der Produktion die Erwartungen deutlich verfehlen.
Der Balanceakt zwischen Streaming-Investitionen und TV-Geschäft
RTL steht vor einem Balanceakt: Die Erträge aus dem klassischen TV-Geschäft, die einst das Rückgrat des Unternehmens bildeten, schwinden zunehmend, während das Streaming-Geschäft zwar wächst, aber gleichzeitig kostspielig bleibt.
Während einige Analysten die Strategie von RTL in Richtung Streaming unterstützen, bleibt die Frage, ob die Investitionen rasch genug Erträge abwerfen, um die Ausfälle im klassischen TV-Geschäft zu kompensieren.
Mit dem fortlaufenden Ausbau der Streaming-Angebote hofft RTL, den Erfolg von Wettbewerbern wie Netflix nachzuahmen, doch der finanzielle Druck bleibt erheblich. Der Spagat zwischen hohen Streaming-Investitionen und einem rückläufigen TV-Markt wird zum Drahtseilakt für das Unternehmen.
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