Ein Startup, ein Versprechen – und viele offene Fragen
Ohne große Ankündigung steigt Rivian in ein neues Kapitel ein. Mit Also Inc. gründet der Elektroautobauer eine Ausgründung für Mikromobilität, die elektrisch angetriebene Kleinfahrzeuge wie E-Bikes und leichte City-Flitzer entwickeln soll.
Organisatorisch unabhängig, strategisch eng verbunden: CEO RJ Scaringe übernimmt den Vorsitz im Verwaltungsrat, Rivian hält eine Minderheitsbeteiligung. Die Botschaft ist klar – der etablierte Hersteller will ein Stück vom milliardenschweren Markt der urbanen Mobilitätswende.
Markt mit Potenzial – aber auch mit gescheiterten Vorbildern
Der Zeitpunkt wirkt klug gewählt. Während Städte weltweit nach emissionsarmen Verkehrsmodellen suchen, drängen neue Mobilitätslösungen in die Lücken zwischen Auto, Fahrrad und öffentlichem Nahverkehr.
Doch der Hype ist vorbei, das Terrain vermint. VanMoof ist insolvent, Bird notierte zuletzt im Pennystock-Bereich, und Lime kämpft mit Skalierungsproblemen.
Die Einstiegskosten sind niedrig, die Betriebskosten dagegen hoch – vor allem in einem regulierten Umfeld, das sich von Stadt zu Stadt massiv unterscheidet.

Finanzierung mit Rückenwind – aber kein Selbstläufer
Mit 105 Millionen US-Dollar Startkapital von Eclipse Ventures geht Also Inc. zwar nicht mittellos an den Start – doch im Vergleich zu den Milliarden, die etwa Uber oder Lime verbrannten, bleibt das Budget überschaubar.
Die Erfahrung von Rivian mit Hardware-Entwicklung und Produktion könnte helfen, Fehler der Vergangenheit zu vermeiden. Aber: Hardware allein macht noch kein Geschäftsmodell.
Es braucht Infrastruktur, Service, Ersatzteillogistik – und vor allem: Nutzerbindung. Genau daran sind viele Wettbewerber gescheitert.
Ein E-Bike als Plattform – modular, global, ambitioniert
Konkrete Produktdetails hält Also Inc. noch zurück. Klar scheint nur: Die Plattform soll modular sein, anpassbar für verschiedene Mobilitätsbedürfnisse und skalierbar auf Märkte in den USA, Europa, später auch Asien und Südamerika.
Die Konkurrenz dort ist groß – von Specialized über Bosch bis Decathlon mischen längst Konzerne mit Erfahrung, Netzwerken und Volumenpreisen mit. Die Frage lautet also nicht nur: Was kann das Rivian-Bike? Sondern: Wozu?
Rivians Spagat zwischen Pick-up und Pedaltritt
Strategisch wirft der Schritt auch einen Schatten auf Rivians Kerngeschäft. Die Premium-SUVs und Elektro-Pick-ups des Unternehmens zielen auf eine zahlungskräftige, eher ländlich geprägte Zielgruppe.
Mikromobilität dagegen ist ein städtisches, oft preissensibles Thema – und erfordert gänzlich andere Marketing- und Vertriebsstrukturen. Also Inc. könnte zum Testfeld für neue Technologien werden – oder zu einer teuren Lektion über das Limit von Diversifikation.
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