22. November, 2024

Wirtschaft

Risiken unter der Oberfläche: Bundesbank warnt vor neuen Belastungen

Das deutsche Finanzsystem hat den Zinsanstieg überraschend gut gemeistert. Doch der Schein trügt: Gewerbeimmobilienkredite und stille Lasten in den Bankbilanzen könnten bald zum Problem werden.

Risiken unter der Oberfläche: Bundesbank warnt vor neuen Belastungen
Stille Lasten, stilles Risiko: Viele Banken schleppen Verluste aus der Zinswende mit, die nicht in ihren Bilanzen auftauchen.

Die Bundesbank zieht Bilanz – und die fällt gemischt aus. Zwar hat die deutsche Bankenwelt die Zinswende besser verkraftet als befürchtet, doch die wahren Herausforderungen könnten erst noch bevorstehen.

Besonders der angeschlagene Gewerbeimmobiliensektor und versteckte Risiken in den Büchern kleinerer Banken rücken jetzt in den Fokus.

Gewerbeimmobilien: Der tickende Risiko-Faktor

„Die Risiken aus Gewerbeimmobilienkrediten bleiben hoch“, heißt es im neuen Finanzstabilitätsbericht der Bundesbank. Und das aus gutem Grund: Der Bestand notleidender Kredite, die durch Gewerbeimmobilien besichert sind, wächst.

Besonders problematisch wird es, wenn diese Kredite nicht mehr bedient werden können – eine Entwicklung, die sich durch die schwächelnde Konjunktur verschärfen könnte.

Noch seien die Risiken auf wenige Institute beschränkt, heißt es. Doch die Warnung der Bundesbank ist unmissverständlich: Ein breitflächiger Abschwung bei Gewerbeimmobilienpreisen hätte „flächendeckende Auswirkungen“ auf die deutsche Bankenlandschaft.

„Hier brodelt es gewaltig“, erklärt ein Insider aus der Branche. „Die Entwicklung bei Gewerbeimmobilien beobachten wir mit Argusaugen.“
Der Gewerbeimmobiliensektor gilt als Risikofaktor für Banken – notleidende Kredite nehmen weiter zu.

Stille Lasten: Das Risiko, das keiner sieht

Ein weiterer Stolperstein lauert in den stillen Lasten der Banken. Diese entstehen, wenn Kredite und Anleihen aus der Niedrigzinsphase aufgrund der Zinswende drastisch an Wert verlieren – ohne, dass diese Verluste in den Bilanzen sichtbar werden.

Laut Bundesbank belasten diese versteckten Risiken vor allem Sparkassen und Genossenschaftsbanken: Bei Sparkassen machen sie sechs Prozent des harten Kernkapitals aus, bei Genossenschaftsbanken sogar 15 Prozent. Größere Banken kommen glimpflicher davon – hier liegt der Anteil bei 2,2 Prozent.

Das Problem: Diese stillen Lasten täuschen eine Stabilität vor, die oft nicht existiert. „Die Banken wirken nach außen hin robuster, als sie tatsächlich sind“, schreibt die Bundesbank.

Geopolitik und Zölle: Die nächste Welle an Herausforderungen

Neben den hausgemachten Problemen gibt es die globalen. Geopolitische Spannungen, ein potenzieller Handelskrieg und neue US-Zölle könnten die deutsche Wirtschaft empfindlich treffen.

Michael Theurer, Vorstandsmitglied der Bundesbank, dämpft die Erwartungen.

„Es gibt Szenarien, die signifikante Auswirkungen auf Inflation und Wachstum zeigen“, sagt er.

Die Details seien jedoch noch schwer abzuschätzen.

Ein Lichtblick: Eigenkapitalpuffer stabilisieren Banken

Ein Pluspunkt: Die deutschen Banken haben ihre Eigenkapitalreserven deutlich gestärkt. Das hat ihnen geholfen, den rapiden Zinsanstieg der vergangenen zwei Jahre zu überstehen. Doch diese Sicherheitspolster dürfen nicht über bestehende Schwächen hinwegtäuschen.

„Insgesamt ist ein geordneter Abbau der Verwundbarkeiten wahrscheinlicher geworden“, heißt es im Bericht. Doch ob das ausreicht, um zukünftige Schocks abzufedern, bleibt fraglich.

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