24. November, 2024

Politik

Richtermangel oder Systemproblem? Warum Deutschlands Justiz überlastet ist

Obwohl Deutschland zu den Ländern mit der höchsten Anzahl an Richtern zählt, klagt das Justizsystem über Überlastung. Der wahre Grund könnte jedoch in veralteten Strukturen und mangelnder Spezialisierung liegen.

Richtermangel oder Systemproblem? Warum Deutschlands Justiz überlastet ist
Deutschlands Justiz zählt mit über 22.000 Richtern zu den am besten ausgestatteten, doch die Ineffizienz der Prozesse führt weiterhin zu langen Verfahrensdauern.

Deutschland hat eines der am dichtesten besetzten Justizsysteme weltweit – über 22.000 Richter und Staatsanwälte sind hierzulande tätig. Trotzdem geht der Ruf nach mehr Personal laut, insbesondere bei Asylverfahren, die oft Jahre dauern.

Doch eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) stellt klar: Das Problem liegt nicht in der Anzahl der Richter, sondern in den ineffizienten Strukturen und der schleppenden Digitalisierung.

Veraltete Strukturen als Hemmnis

Das deutsche Justizsystem, so die Autoren der IW-Studie, ist ein bürokratischer Koloss, der sich kaum modernisiert hat. Während andere Länder wie die USA stärker auf Spezialisierung setzen, sind Deutschlands Richter Generalisten.

Dies führt zu einem erheblichen Zeitverlust, da sie sich oft in komplexe wirtschaftliche oder technische Themen einarbeiten müssen, anstatt auf spezifische Fachkenntnisse zurückgreifen zu können.

Besonders in Asylverfahren, wo Richter überlastet sind, fordert der Deutsche Richterbund 500 neue Stellen – doch das IW warnt vor einer reinen Personallösung.

Hinzu kommt die schleppende Digitalisierung der Gerichte. In einer Zeit, in der viele Prozesse digital ablaufen könnten, hängen viele Verfahren nach wie vor in einer Papierflut fest. Diese Ineffizienz zieht sich durch alle Instanzen und verlängert die Verfahrensdauer erheblich.

Asylverfahren als Paradebeispiel der Überlastung

Besonders prekär ist die Lage bei den Asylverfahren. Während in einigen Städten wie Trier die Bearbeitungszeit bei knapp vier Monaten liegt, dauert es in Cottbus im Schnitt mehr als drei Jahre, bis ein Fall abgeschlossen ist. Der Deutsche Richterbund fordert deshalb 500 zusätzliche Richter, um das Problem in den Griff zu bekommen.

Doch die Studie des IW stellt infrage, ob mehr Richter wirklich die Lösung sind. Sie weist darauf hin, dass die Personalzahlen in Deutschland bereits jetzt extrem hoch sind und stattdessen eine Reform der Prozesse und Strukturen nötig sei. So könnte etwa die Einführung von Commercial Courts, also spezialisierte Kammern für Wirtschaftsangelegenheiten, eine Entlastung bringen.


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Digitalisierung als Schlüssel zur Effizienz

Neben der Spezialisierung sieht die IW-Studie die Digitalisierung als einen der wichtigsten Hebel, um die Justiz zu entlasten. Moderne Technologien könnten nicht nur Prozesse beschleunigen, sondern auch für mehr Transparenz und Effizienz sorgen. Aktuell ist Deutschland hier jedoch im europäischen Vergleich nur Mittelmaß.

Die Ampelkoalition hat zwar erkannt, dass die Justiz mehr Unterstützung braucht, und setzt auf eine bessere technische und personelle Ausstattung. Doch ohne tiefgreifende Reformen wird das Problem kaum zu lösen sein.