Langfristig investieren – aber bitte mit Durchblick
Die Zahlen sehen auf den ersten Blick vielversprechend aus: 55 neue Eltifs im Jahr 2024, über 20 Milliarden Euro verwaltetes Vermögen, und ein prognostiziertes Marktvolumen von bis zu 70 Milliarden Euro bis 2027.
Die Langfristfonds der EU – einst Nischenprodukt für institutionelle Anleger – scheinen im Massenmarkt angekommen zu sein. Doch die neue Offenheit birgt Risiken.
Mit Eltif 2.0 hat Brüssel das Regelwerk entstaubt. Keine Mindestanlage mehr, vereinfachte Vertriebswege über Banken, neue Flexibilität bei der Fondsgestaltung.
Ziel: Mehr privates Kapital für strategisch wichtige Projekte. Doch was als Türöffner für Infrastruktur, Klimawandel-Investitionen und Private Equity verkauft wird, könnte sich für unerfahrene Anleger schnell als Stolperfalle entpuppen.
Viel versprochen – aber zu welchem Preis?
Eine aktuelle Analyse der Ratingagentur Scope bringt erstmals Transparenz in den jungen Markt. Die Renditeversprechen der Fonds sind sportlich: 7 bis 15 % bei Private Equity, bis zu 10 % bei Immobilien.
Doch diesen Chancen stehen erhebliche Kosten gegenüber. Ausgabeaufschläge von bis zu 5 %, laufende Managementgebühren nahe 2 % und teils hohe Performance-Fees sind Standard. Wer hier einsteigen will, sollte rechnen können – und Geduld mitbringen.

Denn anders als bei ETFs oder offenen Immobilienfonds gilt: Eltifs sind illiquide. Wer investiert, ist gebunden – oft über Jahre.
Zwar lassen einige Produkte Rückgaben zu, doch selbst Branchenvertreter sprechen von einem „Push-Produkt“, das erst über Berater und Banken zum Anleger findet. Wer Eltifs mit Tagesgeld vergleicht, hat sie nicht verstanden.
Deutschland: Mehr Solarpark als Startup
Interessant ist der Blick auf die regionale Verteilung. Während französische Anleger klar führen und italienische Investoren stark in Private Equity engagiert sind, zeigt sich Deutschland mit seinem Fokus auf Infrastrukturfonds als Sonderfall.
Der Erfolg von „Klimavest“ von Commerz Real oder Angeboten von Union Investment und Aquila Capital zeigt: Der deutsche Markt denkt konservativ – und bevorzugt Solarpark statt Biotech-Wette.
Das ist nachvollziehbar, wenn man die jüngere Geschichte kennt: geschlossene Fonds, Schiffsfinanzierungen, Windkraftpleiten – viele Anleger sind gebrannte Kinder. Die Branche hat Vertrauen zu verlieren.
Dass nun auch Fonds mit Einstiegssummen unter 10.000 Euro angeboten werden, klingt nach Demokratisierung – könnte aber vor allem kleinteilige Risiken in die Breite tragen.
Der schmale Grat zwischen Öffnung und Überforderung
Die EU wollte mit Eltifs Kapital mobilisieren und gleichzeitig das Vertrauen in den Binnenmarkt stärken. Das gelingt nur, wenn Anleger verstehen, worauf sie sich einlassen. Doch gerade hier liegt das Problem: Die Produkte sind komplex, die Informationen oft unübersichtlich, die Vertragswerke umfangreich. Der Vergleich mit Aktien oder ETFs hinkt gewaltig.
Verbraucherschützer warnen entsprechend deutlich. Werner Bareis von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg spricht von einem „falschen Hype“ und erinnert daran, dass auch Profis im Private-Equity-Bereich regelmäßig danebengreifen.
Für viele Eltif-Anleger wird es das erste Investment außerhalb der klassischen Börse – und das sollte nicht über einen aufgedrängten Banktermin geschehen.
Perspektive: Erst Zweitmarkt, dann Vertrauen
Ein Lichtblick: Anbieter wie Apollo oder Invesco fordern inzwischen standardisierte Rückgabemöglichkeiten und denken laut über einen organisierten Zweitmarkt nach. Das wäre ein großer Schritt in Richtung Liquidität und Transparenz – und könnte Eltifs langfristig tatsächlich als Brücke zwischen Kapitalmarkt und Realwirtschaft etablieren.
Doch bis dahin gilt: Wer in Eltifs investiert, sollte es aus Überzeugung tun – nicht aus Verkaufsdruck. Die Renditechancen sind real, aber sie kommen nicht ohne Preis. Und sie eignen sich nur für Anleger, die wissen, was sie tun – und was sie aushalten können. Eltifs sind kein ETF-Ersatz. Sie sind ein Werkzeug. Und Werkzeuge gehören in die richtigen Hände.
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