09. Januar, 2025

Märkte

Renaissance der Anleihe-Vigilanten: Investoren nehmen Regierungen ins Visier

Renaissance der Anleihe-Vigilanten: Investoren nehmen Regierungen ins Visier

In einer spannenden Entwicklung auf den Anleihemärkten erleben wir ein entschiedenes Aufbegehren der Investoren gegen hohe Staatsverschuldungen in bedeutenden Volkswirtschaften wie dem Vereinigten Königreich, Frankreich und den USA. Vor dem Hintergrund immens steigender Schuldenstände verkaufen Anleger zunehmend Staatsanleihen und setzen damit ein klares Signal an die Regierungen. Der Oktoberhaushalt des Vereinigten Königreichs mit seinen umfangreichen Kreditplänen hat einen Ausverkauf auf dem Markt für britische Staatsanleihen ausgelöst. Dies führte dazu, dass die Renditen 10-jähriger Anleihen auf den höchsten Stand seit 2008 stiegen, während die Zinsen für 30-jährige Laufzeiten so hoch sind wie nie in diesem Jahrhundert. Frankreich sieht sich einer politischen Krise gegenüber, deren Konsequenzen die Kreditkosten des Landes über jene von Griechenland treiben, da Sparmaßnahmen im Haushaltsentwurf umstritten sind. In den USA sorgt die Aussicht auf eine unbeschränkte Kreditaufnahme und Steuerkürzungen unter dem designierten Präsidenten Donald Trump für Unruhe am Treasury-Markt. Hinter den dynamischen Entwicklungen stehen Marktteilnehmer, die durch die Forderung nach höheren Renditen staatliche Finanzdisziplin erzwingen. Ein Phänomen, das Branchenkoryphäen wie Robert Dishner von Neuberger Berman als "Renaissance des Anleihemarkt-Aktivismus" bezeichnen. Während sich die Weltwirtschaft vom konjunkturellen Einbruch der Pandemie erholt, verharren die Schulden, unterstützt durch Konjunkturmaßnahmen, hartnäckig auf hohem Niveau. Besonders die langfristigen Anleihen stehen unter Verkaufsdruck, da sie besonders sensibel auf die Emissionsvolumina reagieren. April LaRusse von Insight Investment beschreibt diese Entwicklung treffend und sieht den Anleihemarkt als den "ernsthaften Gesprächspartner" beim Thema fiskalpolitische Disziplin. Doch in einer Welt, in der China sein Fremdwährungsanleihenportfolio reduziert und Zentralbanken ihre Bilanzen verkleinern, verlieren wir jene Abnehmer, die sich kaum um die Preisentwicklung kümmern. Die Zeiten niedriger Zinsen und quantitativer Lockerung scheinen damit endgültig vorbei, eine Ansicht, die von Analysten wie Peder Beck-Friis von Pimco geteilt wird. Auch die gigantischen Verwerfungen auf den US-Märkten signalisieren einen Kurswechsel. Die Ankündigungen von Donald Trump, Steuerkürzungen ohne ausreichende Gegenfinanzierung durchzuführen, könnten eine dramatische Rückkehr der "Bond Vigilantes" herbeiführen, warnt Sonal Desai von Franklin Templeton.