15. Januar, 2025

Wirtschaft

Regulierungsreform in den USA: US-Notenbank gibt nach Lobbydruck nach

Regulierungsreform in den USA: US-Notenbank gibt nach Lobbydruck nach

Erst wenige Monate nach dem dramatischen Zusammenbruch der Silicon Valley Bank und der First Republic Bank, präsentierte Michael Barr, Vizevorsitzender der Federal Reserve's Aufsichtsbehörde, einen neuen Reformvorschlag für die größten Banken der USA. Barr verteidigte dabei vehement die Notwendigkeit dieser Maßnahmen, als er im Juli 2023 sein erstes Dienstjahr als oberster Regulierer der Wall Street vollendete. Er widersprach Stimmen aus der Industrie, die behaupteten, unzureichendes Kapital habe nichts mit den Bankenschließungen zu tun.

Doch nur 14 Monate später musste Barr seinen ambitionierten Vorschlag zurückziehen. Er plante ursprünglich strengere Regeln für große US-Banken wie JPMorgan Chase und Goldman Sachs. Der Widerstand aus der Bankenlobby und eine parteiübergreifende Koalition von US-Gesetzgebern zwangen ihn jedoch zu einem Rückzieher.

Diese Entwicklung stellt die US-Regulatoren nicht alleine. Weltweit haben Aufsichtsbehörden damit zu kämpfen, die sogenannten "Basel III Endgame"-Regeln umzusetzen. Diese wurden initiiert, um das Bankensystem nach der Finanzkrise 2008 zu stabilisieren. Doch auch in Großbritannien und der EU sieht man sich gezwungen, vorzugsweise durch Zugeständnisse und Verzögerungen auf den erheblichen Druck der Finanzbranche zu reagieren.

Die Banken argumentieren, dass höhere Kapitalanforderungen die Fortschritte seit der Finanzkrise nicht berücksichtigen und die Sicherheitsgewinne abnehmen würden. Befürworter wie Anat Admati vom Stanford Graduate School of Business sehen jedoch weiterhin große Schwächen in den bestehenden Regelungen.

Barros' überarbeiteter Vorschlag würde die Kapitalanforderungen für die größten US-Banken erheblich reduzieren und Einsparungen von etwa 100 Milliarden Dollar ermöglichen. Für die sechs größten Banken des Landes bedeutet dies, dass sie nur rund 80 Milliarden Dollar zusätzliches Kapital aufbringen müssen, verglichen mit den ursprünglich geplanten 180 Milliarden Dollar.

Auch die Bank of England steht kurz vor einer Ankündigung zur Verzögerung der strengeren Kapitalanforderungen. Diese Änderung soll den britischen Banken mehr Spielraum beim Risikomanagement und der Kreditvergabe verschaffen. Laut Sam Woods von der Prudential Regulation Authority wird dies jedoch keinen signifikanten Anstieg in den Gesamtkapitalanforderungen britischer Banken auslösen.

Das Echo der US-Bankenbranche war besonders laut und aggressiv. Führungskräfte wie Jamie Dimon von JPMorgan und Jane Fraser von Citigroup reisten nach Washington, um mit den Regelgebern zu sprechen. Ein möglicher Rechtsstreit wurde als Druckmittel eingesetzt, da die Regulierer angeblich ihre eigenen Standards nicht eingehalten hatten. Auch Politiker wie Patrick McHenry drohten mit einer Überprüfung durch den Kongress.

Gene Ludwig, ehemaliger Comptroller of the Currency, erklärte, dass die Veränderungen nach der Kommentierungsphase beachtlich seien. Doch ob die Banken mit Barrs aktuellstem Vorschlag leben können, bleibt fraglich. Brian Moynihan, CEO der Bank of America, äußerte sich auf einer Branchenkonferenz optimistisch, dass ein Kompromiss gefunden wurde, wenngleich nicht ohne weitere Diskussionen.

Barr kündigte an, erneut Feedback zur neuen Planung einzuholen und eine Phasenweise Einführung anzustreben, was auf eine längere Übergangszeit hindeutet. Kathryn Judge von der Columbia University bemängelte die Verzögerungen im gesamten Prozess und sah darin keine optimale Position für die Federal Reserve und andere Bankregulierer.