Mit dem Tod von Ratan Tata verliert Indien nicht nur einen seiner renommiertesten Industriellen, sondern auch einen visionären Führer, der die Geschicke der Tata Group über Jahrzehnte hinweg entscheidend prägte. Tata, Mitglied einer einflussreichen zoroastrischen Parsee-Familie, hatte große internationale Ambitionen für das Familienkonglomerat, doch die Umsetzung traf nicht immer seine hohen Erwartungen.
Geboren 1937 in Mumbai, erlebte Tata den Wandel Indiens von der Unabhängigkeit bis zur Positionierung als fünftgrößte Volkswirtschaft weltweit. Seine Bildung genoss er an renommierten Institutionen in Mumbai und der Cornell University in den USA, wo er zunächst eine Karriere in Los Angeles in Betracht zog, bevor familiäre Verpflichtungen ihn nach Indien zurückholten.
Unter seiner Führung ab 1991 wagte die Tata Group den Schritt auf internationale Märkte. Bemerkenswerte Akquisitionen wie der Kauf von Tetley Tea und der Übernahme von Corus brachten Herausforderungen, insbesondere die Stahlproduktion in Port Talbot im UK. Doch mehr als diese Unternehmungen, war die Übernahme von Jaguar Land Rover ein bedeutendes Kapitel, das Tata Motors auf dem globalen Parkett deutlicher sichtbar machte.
Ein besonderes Projekt Tatas war der Tata Nano, der das Automobil für die indische Mittelklasse erschwinglich machen sollte, jedoch kommerziell scheiterte. Trotz solcher Rückschläge blieb Tata ein Verfechter neuer Ideen, wie die Neuakquisition von Air India zeigt. Sein Fokus auf Philanthropie und bescheidene Lebensweise zeichnen das Bild eines respektierten, aber komplexen Führers.
Seine Beziehung zu Cyrus Mistry, seinem Nachfolger und späteren Widersacher, endete in einem öffentlichen und rechtlichen Konflikt, der Tatas Ruf sowohl belastete als auch letztlich bestätigte. Während die Kontroversen zwischen den Familien Tata und Mistry ungelöst blieben, etablierte sich die Tata Group als modernes Vorbild in diversen Wirtschaftsbereichen Indiens.
Ratan Tata, ein verehrter Tierfreund, führte sein Leben in der Öffentlichkeit ohne eigene Familie, stets dem Wohl der Gruppe verpflichtet. Sein Einfluss und seine Errungenschaften in Wirtschaft und Gesellschaft hinterlassen ein Vermächtnis, das weit über Indiens Grenzen hinausgeht. Mukesh Ambani, ein Konkurrent und Leiter von Reliance Industries, würdigte ihn als Visionär und Wohltäter, dessen Wirken der gesamten Nation fehlt.