In einem seltenen Interview mit dem US-Journalisten Tucker Carlson, bekannt für seine kontroversen Standpunkte, äußerte sich Russlands Präsident Wladimir Putin zu den Spekulationen um eine mögliche russische Militärintervention in Nato-Staaten wie Polen und Lettland. Im 127-minütigen Gespräch, das eine hohe Aufmerksamkeit in den Medien erfuhr, betonte Putin, dass ein solches Szenario 'komplett außer Frage' stehe – es sei denn, Polen würde Russland angreifen. Die Unterredung war Tage zuvor aufgenommen und zu Spitzenzeiten im US-Fernsehen ausgestrahlt worden.
Der Fernsehhost und frühere Fox News-Mitarbeiter Carlson, der für die Verbreitung von Fehlinformationen bekannt ist, hinterfragte Putins langwierige Erklärungen im Interview nicht. Stattdessen ließ er ausschweifende historische Rückblicke des russischen Staatschefs zu, die bis in das 13. Jahrhundert reichten. Putin verteidigte während des Gesprächs den Einmarsch in die Ukraine mit historischen Ansprüchen und warf der Nato vor, unangemessene Ängste vor Russland zu schüren.
In Bezug auf den Konflikt in der Ukraine signalisierte der Kremlchef Dialogbereitschaft, indem er darauf hinwies, dass es an der Zeit sei für Gespräche, da sich abzeichnen würde, dass der militärische Konflikt für den Westen nicht zu gewinnen sei. Eine diplomatische Lösung sei unumgänglich.
Die Diskussion um einen möglichen Gefangenenaustausch kam auf, als Carlson nach der Freilassung des inhaftierten US-Journalisten Evan Gershkovich fragte. Putin zeigte sich offen und suggerierte, dass ein Austausch gegen den in Deutschland verurteilten Vadim K., bekannt als der 'Tiergarten-Mörder', denkbar sei. Obwohl Washington zuvor berichtete, dass ein Freilassungsangebot Moskaus für Gershkovich abgewiesen wurde, blieb die Gelegenheit für einen Dialog bestehen.
Carlson nutzte das exklusive Interview, das kurz vor den russischen Präsidentschaftswahlen stattfand, um seine Reichweite in sozialen Medien zu maximieren. Seine Show, die ihm nach seinem Rausschmiss bei Fox News zu neuer Berühmtheit verhalf, dient ihm seither als Plattform für kontroverse Meinungen und Theorien. Der Nationalen Sicherheitsrat der USA mahnte an, den Aussagen Putins im Interview mit Skepsis zu begegnen.
Nach seinen Tagen in Moskau, während denen er auch den Whistleblower Edward Snowden getroffen haben soll, ist Carlson inzwischen in die USA zurückgekehrt. Ob und welche Inhalte aus dem Treffen mit Snowden an die Öffentlichkeit gelangen werden, bleibt offen.