In einer erstaunlichen Wende der Ereignisse hat der rechtsgerichtete populistische Kandidat Calin Georgescu den Einzug in die Stichwahl um das Präsidentenamt Rumäniens geschafft. Georgescu, der mit prorussischen und antiwestlichen Ansichten sowie seiner Bewunderung für die rumänischen Faschisten der 1940er Jahre von sich reden machte, genießt besonders auf der Plattform Tiktok Popularität. Trotz seines Erfolges wurde er von den etablierten Parteien und klassischen Medien weitgehend übersehen. Er landete im ersten Wahlgang vor der Kandidatin Elena Lasconi von der Reformpartei USR. Die entscheidende Stichwahl steht am 8. Dezember an, nur eine Woche nach den Parlamentswahlen.
Eine politische Erschütterung erfolgte kurz nach der Wahl: Die Vorsitzenden der koalierenden Regierungsparteien PSD und PNL traten von ihren Ämtern zurück. Ministerpräsident Marcel Ciolacu errang bei der Präsidentenwahl mit 19,15 Prozent den dritten Platz, während der Vorsitzende der PNL, Nicolae Ciuca, mit 8,79 Prozent auf dem fünften Platz landete. Analysten in Bukarest äußerten Besorgnis über einen potenziellen Rechtsruck bei den bevorstehenden Parlamentswahlen, angesichts der Führungsvakuum in den Mitte-Links-Parteien.
Rumänien, das östlichste Mitglied der EU, zählt zu den ärmeren Ländern Europas und teilt im Norden eine umkämpfte Grenze zur Ukraine, die sich gegen eine russische Invasion verteidigt. Vor diesen geopolitischen Hintergründen verkündete Georgescu in einer Pressekonferenz, das rumänische Volk habe ein Zeichen gesetzt, sich nicht länger unter fremder Vorherrschaft erniedrigen zu lassen. Er stellte den Wahlausgang als ein Streben nach wirtschaftlicher Stabilität und Frieden dar.
Georgescu erlangte im ersten Durchgang 22,94 Prozent der Stimmen, während seine Kontrahentin Lasconi 19,18 Prozent erreichte. Der bisherige rechtsextreme AUR-Kandidat, George Simion, der es nicht in die Stichwahl geschafft hatte, versprach Georgescu seine Unterstützung. Ob die unterlegenen PSD-Anhänger Lasconi unterstützen werden, bleibt ungewiss, doch die politische Landschaft erinnert an die Wahl 2000, als die Demokraten erfolgreich gegen einen rechtsextremen Präsidentschaftskandidaten mobilisierten.
Die Rolle des rumänischen Präsidenten umfasst signifikante Befugnisse in der Außenpolitik, Verteidigung und Geheimdienste, mehr als die des deutschen Bundespräsidenten, wenngleich weniger als die des französischen Staatsoberhaupts. Der Ausgang der ersten Präsidentschaftswahlrunde könnte signifikante Auswirkungen auf die Parlamentswahlen haben. Indessen laufen Ermittlungen gegen Georgescu wegen des Vorwurfs der Verherrlichung faschistischer Kriegsverbrechen, allerdings ist der Fortschritt dieser Untersuchungen unklar. Georgescu selbst, ehemaliges Mitglied der AUR, setzte gezielt auf Tiktok, um seine Botschaften zu verbreiten, während traditionelle Medien seine Wirkungskraft auf dieser Plattform vernachlässigten.