23. Februar, 2025

Insurance

Private Krankenversicherung: Kostenfalle oder sinnvolle Alternative?

Die private Krankenversicherung gerät in die Kritik: Eine neue Untersuchung der Stiftung Warentest zeigt, dass zwei Drittel der Tarife durchfallen. Besonders hohe Selbstbeteiligungen und schlechtere Leistungen als in der gesetzlichen Krankenversicherung stellen Versicherte vor Probleme.

Private Krankenversicherung: Kostenfalle oder sinnvolle Alternative?
Beitragsexplosion für Privatversicherte – Die PKV-Beiträge steigen seit 20 Jahren jährlich um durchschnittlich 3,1 Prozent. Viele Versicherte mussten zuletzt Beitragserhöhungen von bis zu 18 Prozent hinnehmen – mit steigender Tendenz.

Die private Krankenversicherung (PKV) gilt für viele als Garant für bessere medizinische Versorgung – kürzere Wartezeiten, bevorzugte Behandlung, Chefarzt-Therapie.

Doch eine aktuelle Untersuchung der Stiftung Warentest zeichnet ein anderes Bild: Zwei Drittel der untersuchten Tarife erfüllen nicht einmal die Mindestanforderungen an eine solide Absicherung. Für viele Versicherte drohen hohe Kosten – besonders im Alter.

Mangelhafte Leistungen trotz hoher Beiträge

Von den 1245 getesteten Tarifen und Tarifkombinationen der 35 größten Versicherer erfüllten nur 384 die 17 zentralen Kriterien für eine umfassende Absicherung. Besonders gravierend: Viele Tarife enthalten erhebliche Leistungslücken – etwa bei ambulanter Psychotherapie, Palliativpflege oder digitalen Gesundheitsanwendungen.

„Sehr viele PKV-Tarife haben Defizite“, sagt Julia Bönisch, Vorständin bei Stiftung Warentest. „Defizite bestehen bei vielen Tarifen zum Beispiel bei der Palliativpflege, bei ambulanter Psychotherapie oder bei digitalen Anwendungen wie Ernährungs-Apps.“

Ein weiteres Problem sind hohe Selbstbeteiligungen. In vielen Tarifen müssen Versicherte jährlich mehr als 660 Euro aus eigener Tasche zahlen, bevor die Versicherung überhaupt einspringt. Damit sind einige Angebote schlechter als die gesetzliche Krankenversicherung (GKV), die solche Leistungen oft vollständig übernimmt.

Der Preis als falscher Qualitätsindikator

Viele Verbraucher gehen davon aus, dass teurere Tarife eine bessere Absicherung bieten. Doch die Analyse zeigt, dass ein hoher Monatsbeitrag nicht zwangsläufig bedeutet, dass Versicherte umfassend geschützt sind.

„Mehr Beitrag bedeutet nicht, dass immer auch mehr Risiken abgedeckt sind“, sagt Testleiter Julian Chudoba. „Wer sich für die private Krankenversicherung entscheidet, sollte überlegen, ob es wirklich ein Top-Tarif sein muss.“

Laut Stiftung Warentest spiegelt der Preisaufschlag in vielen Fällen nicht den tatsächlichen Leistungsumfang wider. Gerade im Bereich der stationären Versorgung zeigt sich ein durchwachsenes Bild: Während einige Tarife unbegrenzte Psychotherapie-Sitzungen abdecken, sind es bei anderen nur 50 pro Jahr – und das mit einer Erstattung von lediglich 80 Prozent.

Zwei von drei PKV-Tarifen fallen durch – Laut Stiftung Warentest erfüllen nur 30 Prozent der privaten Krankenversicherungstarife die Anforderungen für einen umfassenden Schutz. Besonders Psychotherapie und Palliativpflege sind oft unzureichend abgedeckt.

Hohe Beitragssteigerungen im Alter

Ein großes Problem der PKV ist die Kostenentwicklung im Rentenalter. Während die Beiträge in jungen Jahren oft niedriger als in der GKV sind, steigen sie im Laufe der Zeit massiv an.

Die Stiftung Warentest hat hochgerechnet: Wer mit 35 Jahren mit einem Monatsbeitrag von 600 Euro in die PKV einsteigt, zahlt mit 67 Jahren bereits 1500 Euro – wenn die durchschnittliche Steigerung von 3,1 Prozent pro Jahr beibehalten wird.

Viele Privatversicherte erleben dann böse Überraschungen: „Die private Krankenversicherung kann zur existenzbedrohenden Kostenfalle werden“, warnt Warentest-Vorständin Bönisch. Wer nicht ausreichend vorgesorgt hat, kann im Alter schnell in finanzielle Schwierigkeiten geraten.

Besonders betroffen sind Selbstständige, da sie ihre Beiträge komplett selbst tragen müssen. Angestellte erhalten immerhin bis zur Rente einen Zuschuss ihres Arbeitgebers und später von der Rentenkasse – allerdings nur bis zu einer Obergrenze von derzeit 8,55 Prozent des Bruttogehalts.

Wer profitiert tatsächlich von der PKV?

Laut Stiftung Warentest gibt es eine Gruppe, für die die PKV uneingeschränkt empfehlenswert ist: Beamte. Da der Staat in den meisten Fällen 50 bis 80 Prozent der Kosten übernimmt, sind die Beiträge für sie auch im Alter erschwinglich.

Für Angestellte und Selbstständige hingegen ist der Wechsel in die PKV eine langfristige Entscheidung, die wohlüberlegt sein sollte. Wer sich für die private Krankenversicherung entscheidet, sollte sicherstellen, dass er auch im Ruhestand die steigenden Kosten stemmen kann.

Die Experten von Stiftung Warentest raten daher, schon frühzeitig Rücklagen zu bilden – mindestens zwei Drittel der späteren Kosten sollten aus Ersparnissen gedeckt werden.

Ein überlegter Wechsel ist entscheidend

Die private Krankenversicherung kann für bestimmte Gruppen eine sinnvolle Alternative sein – doch viele Tarife weisen erhebliche Mängel auf. Die Stiftung Warentest rät Verbrauchern, genau zu prüfen, welche Leistungen sie wirklich benötigen und ob der gewählte Tarif diese auch langfristig zu vertretbaren Kosten bietet. Ein Wechsel zurück in die GKV ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich und wird nach dem 55. Lebensjahr fast unmöglich.

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