Lange Zeit schwankten westliche Regierungen in Bezug auf die Atomkraft zwischen Begeisterung und Ablehnung. Doch nun scheint die aktuelle Begeisterung für Atomenergie in Ländern wie Tschechien, Schweden, den USA und Großbritannien auch auf den Privatsektor überzugreifen. In dieser Woche haben 14 der weltweit größten Banken und Finanzinstitute angekündigt, ihre Unterstützung für Atomkraft auszubauen. Auch Microsoft hat einen 20-jährigen Stromliefervertrag mit Constellation Energy unterzeichnet, der die Wiedereröffnung eines 2019 stillgelegten US-Atomkraftwerks ermöglichen soll. Wohlmeinende Erklärungen zur Unterstützung der Atomkraft stoßen verständlicherweise auf Skepsis. Dennoch sollten die Zusicherungen von Banken wie Morgan Stanley und Goldman Sachs nicht völlig abgetan werden, auch wenn es an konkreten Details mangelt. Die Finanzierung war in den letzten Jahrzehnten eines der größten Hindernisse für den Ausbau von Atomkraftprojekten im Westen. Doch warme Worte von Banken allein werden kaum ausreichen, solange Regierungen nicht ebenfalls eine zentrale Rolle bei der Finanzierung von Atomenergie übernehmen. Die Finanzierung von Atomkraftprojekten erweist sich als besonders schwierig durch herkömmliche Projektfinanzierungsmethoden. Hohe Anfangskosten und lange Bauzeiten schrecken ab. Sollte das Unternehmen, das das Projekt durchführt, in Verzug geraten, wäre ein halbfertiges Atomkraftwerk als Sicherheit nahezu wertlos. Projekte, die sowohl Zeit- als auch Budgetrahmen sprengen, wie das Hinkley Point C-Werk in Südwestengland von EDF, mindern das Vertrauen zusätzlich. Laut der letzten Schätzung des französischen Versorgers haben sich die anfänglichen Kosten von 18 Milliarden Pfund für die 3,2-Gigawatt-Anlage auf 31 bis 35 Milliarden Pfund auf der Basis der Preise von 2015 erhöht. Schwedens Energieministerin Ebba Busch erklärte diese Woche, dass ihr Land mögliche Risikoteilungsmechanismen in Erwägung zieht, um einige dieser Probleme zu lösen. Auch andere Länder prüfen Modelle wie die regulierte Aktionsbasis, bei der Verbraucher bereits vor Betriebsbeginn zur Finanzierung von Atomkraftwerken beitragen. Der Vertrag von Microsoft zeigt eine weitere Möglichkeit auf, wie der Privatsektor eine Renaissance der Atomkraft unterstützen kann, obwohl es sich hierbei nicht um einen Neubau handelt. Viele große Kreditgeber haben sich in der Vergangenheit neue Atomkraftprojekte angesehen, aber oft zurückgezogen, wenn die Risiken zu hoch schienen. Neue Modelle ziehen erneut Interesse auf sich. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob Banken wirklich bereit sind, das Risiko der Atomkraft einzugehen, wenn es ins Detail der Risikoübernahme geht, sagt Simon Virley von KPMG. Es besteht weiterhin die Gefahr, dass Projekte auf einen weiteren großen Stolperstein treffen, wenn das finanzielle Risiko zu stark auf Steuerzahler oder Verbraucher abgewälzt wird: die öffentliche Meinung. Die vergangen Jahrzehnte zeigen, wie schnell steigende Kosten und Sicherheitsbedenken zu einem Umschwung der Einstellung führen können.