Die britische Regierung hat eine Untersuchung angeordnet, um den Umgang mit Menschen im Autismus-Spektrum im Rahmen des staatlichen Deradikalisierungsprogramms Prevent zu überarbeiten. Anlass dazu sind die steigenden Fallzahlen von Minderjährigen mit neurodiversen Diagnosen in der Terrorismusprävention.
Eine Recherche der Financial Times im Oktober hat gezeigt, dass 13 Prozent der polizeilichen Arbeit im Bereich der Terrorismusbekämpfung Personen mit Autismus betreffen. Diese Zahl überrascht angesichts dessen, dass lediglich ein Prozent der Bevölkerung von dieser Entwicklungsstörung betroffen ist.
Die Innenministerin Yvette Cooper hat diese Woche neue Maßnahmen angekündigt, die Programme zur Prävention von Extremismus stärken sollen. Ziel sei es, auf den Anstieg von jungen Menschen zu reagieren, die online von gewalttätigen Ideologien angezogen werden. Dabei soll eine strategische Überprüfung stattfinden, um die Unterstützung für neurodivergente Personen zu verbessern.
Ergebnisse einer internen Analyse des Home Office aus dem Jahr 2021 zeigen, dass ein Viertel der Personen, die im schwerwiegendsten "Channel"-Strang von Prevent Unterstützung erhalten, eine Autismusdiagnose vermuten lassen. Die Existenz dieser Forschung wurde jedoch bisher nicht offiziell bestätigt.
Experten warnen, dass autistische Menschen aufgrund fehlender adäquater Gesundheitsversorgung besonders anfällig für Radikalisierung sein können. Trotz wiederholter Warnungen der Polizei verzeichnet das MI5 einen Anstieg der unter 18-Jährigen, die in terroristische Aktivitäten verwickelt sind. Aktuelle Zahlen zeigen, dass 13 Prozent der Ermittlungsfälle Minderjährige betreffen, was einer Verdreifachung in den letzten drei Jahren gleicht.
Auf internationaler Ebene sorgt dieser Trend ebenfalls für Besorgnis. Die Sicherheitspartner im Rahmen der "Five Eyes"-Allianz haben in einer kürzlich veröffentlichten Studie darauf hingewiesen, dass die Radikalisierung von Minderjährigen zunehmend ein Thema sei. Die Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgung und Wissenschaft soll künftig intensiviert werden, um die Faktoren, die zu dieser Entwicklung führen, besser zu verstehen.
Jonathan Hall, unabhängiger Prüfer der britischen Anti-Terror-Gesetzgebung, betont die Notwendigkeit einer praktischen Überprüfung. Er schlägt vor, die Erfahrungen der betroffenen Kinder und Jugendlichen als Ausgangspunkt zu nehmen, um effektive Lösungen zu entwickeln.