19. September, 2024

Märkte

Powell setzt Akzente: Zinssenkung bringt Wall Street in Bewegung

Powell setzt Akzente: Zinssenkung bringt Wall Street in Bewegung

Jerome Powell, Vorsitzender der US-Notenbank, hat den Anlegern an der Wall Street genau das geliefert, worauf sie lange gehofft hatten: eine deutliche Zinssenkung, die den diesjährigen steilen Anstieg von Aktien und Anleihen rechtfertigte und das Ende der restriktiven Geldpolitik einleitete.

Die Märkte reagierten zunächst euphorisch: Insbesondere Aktien wirtschaftlich sensibler Unternehmen stiegen, und der S&P 500 legte um bis zu 1% zu. Auch Anleihen und spekulative Vermögenswerte wie Kryptowährungen profitierten von der Aussicht auf künftig lockere Geldpolitik. Doch noch vor Börsenschluss verpufften die Gewinne, da eine nüchternere wirtschaftliche Realität ins Bewusstsein rückte.

Trotz der bedeutenden Zinssenkung um einen halben Prozentpunkt, die gewöhnlich in Krisenzeiten vorgenommen wird, bleibt das Investitionsumfeld so unsicher wie zuvor. Aktienpreise bewegen sich bereits nahe historischer Höchststände, und die Wirtschaft zeigt Anzeichen von Abschwächung. Eine Rückkehr zu ultraniedrigen Zinsen scheint in nächster Zeit unsicher.

Am Mittwoch erlebten alle wichtigen Anlageklassen, von Aktien über Staatsanleihen bis hin zu Unternehmensanleihen und Rohstoffen, einen seltenen einheitlichen Rückgang. Dies war das erste Mal seit Juni 2021, dass eine Entscheidung der Fed eine solch einhellige Zurückhaltung nach sich zog.

Besonders beunruhigend für Händler waren Powells Kommentare, dass die Fed keine Gewohnheit daraus machen werde, Zinssätze um einen halben Punkt zu senken, und dass das neutrale Zinsniveau wahrscheinlich höher sei als vor der Pandemie. Jeffrey Rosenberg von BlackRock bezeichnete dies als 'enttäuschend' im Vergleich zu den aufgebauten Erwartungen des Anleihenmarktes.

Das S&P 500 erreichte kurzzeitig einen Intraday-Rekord, bevor es wieder nachgab, während die zweijährigen und zehnjährigen US-Staatsanleihen, die besonders sensibel auf politische Änderungen reagieren, Schwankungen zeigten. Powell betonte das Vertrauen der Notenbank in die Stärke des Arbeitsmarktes und eine rückläufige Inflation, warnte jedoch davor, anzunehmen, dass weitere aggressive Zinssenkungen folgen würden.

Der Anleihenmarkt hatte bereits eine Reihe von Zinssenkungen eingepreist, und am Mittwoch waren die Wetten auf Powells Maßnahmen so weit fortgeschritten, dass sie im Wesentlichen bereits berücksichtigt waren. Michael de Pass von Citadel Securities bemerkte, wie schwer es für Powell gewesen sei, den Anleihenmarkt zu übertrumpfen.

Obwohl die Wirtschaft nicht augenblicklich nach Stimulusmaßnahmen ruft, zeigen sich schwächere Indikatoren wie die drei-Monats-Durchschnittszuwächse bei nicht-landwirtschaftlichen Gehältern. Dennoch bleibt die Arbeitslosenquote bei 4,2%, und das BIP-Wachstum für 2024 wird mit der Vorjahresrate prognostiziert. Analysten erwarten für 2025 ein Gewinnwachstum von 14% im S&P 500.

Diese Entwicklungen spiegeln die Zuversicht wider, dass die Fed bei Bedarf ausreichend Spielraum für Zinssenkungen hat. Charlie Ripley von Allianz Investment Management betonte das langfristige Potenzial für niedrigere Zinsen, während die Prognosen der Fed zusätzliche Zinssenkungen für 2025 vorsehen.

Jack McIntyre von Brandywine Global Investment Management sagte: 'Ein länger anhaltender und vorhersehbarer Lockerungszyklus steht bevor.' Die kommenden Monate werden zeigen, ob die Markt- oder Fed-Erwartungen die Oberhand gewinnen, wobei Beschäftigungsdaten anstelle von Inflationszahlen maßgeblich sein werden.