Reicht eine Erhöhung von 15 Prozent aus?
Tobias Meyer, seit Mai 2023 Vorstandschef der Deutschen Post, geht bei der Forderung nach einer Portoerhöhung für das Briefgeschäft in Deutschland auf Konfrontationskurs zur Bundesnetzagentur.
Laut Meyer ist die von der Behörde erlaubte Anhebung um insgesamt 15 Prozent über fünf Jahre unzureichend, um das Zustellgeschäft profitabel zu betreiben und die im neuen Postgesetz festgeschriebenen Anforderungen zu erfüllen.
Die Entscheidung könnte nun vor Gericht landen – ein Novum für den Logistikriesen, der bisher behördliche Vorgaben stets akzeptiert hatte.
Wirtschaftlichkeit in Zeiten sinkender Briefmengen
Die Hintergründe für Meyers Forderungen sind komplex. Trotz eines minimalen Portoanstiegs von 85 Cent auf die angestrebten 100 Cent pro Standardbrief kämpft die Post mit stark sinkenden Briefvolumen.
Der Konzern sieht sich gezwungen, sein Zustellmodell anzupassen: In kleineren Städten und ländlichen Gebieten sollen Briefe und Pakete gemeinsam ausgeliefert werden, während in großen Städten eine separate Briefzustellung beibehalten wird.
Finanzvorstand Melanie Kreis betont, dass das Zustellgeschäft zunehmend unrentabel wird:
„Im dritten Quartal lagen unsere Gewinne im Zustellgeschäft bei 100 Millionen Euro. Gesetzlich hätten es 330 Millionen sein sollen.“
Die Diskrepanz verdeutlicht das Problem: Der Paketboom kann den Verlust im Briefbereich nicht kompensieren. Zudem schlägt der Konzern vor, das Porto stärker an die jährliche Inflationsrate anzupassen – eine Maßnahme, die in den meisten EU-Ländern bereits Standard ist.
Bundesnetzagentur verteidigt ihre Entscheidung
Die Bundesnetzagentur zeigt sich unbeeindruckt von der Kritik des Post-Chefs und weist auf ihre umfassende Inflationsberechnung hin. Laut einem Sprecher der Behörde seien die Kostensteigerungen durch die Inflation berücksichtigt worden.
Die Behörde vertritt zudem die Auffassung, dass es durchaus Unterschiede zwischen allgemeinen Inflationsraten und tatsächlichen Betriebskostensteigerungen im Postgeschäft gibt.
Demnach geht es bei der Entscheidung nicht allein um die Inflation, sondern auch um die reale Entwicklung der Kosten im Unternehmen – ein Punkt, an dem sich die Meinungen fundamental unterscheiden.
Postgesetz setzt Standards, doch die Wirtschaftlichkeit bleibt fraglich
Das neue Postgesetz fordert strikte Standards in den Bereichen Nachhaltigkeit und Arbeitsbedingungen, die für die Deutsche Post hohe Investitionen mit sich bringen. Meyer sieht jedoch wenig Spielraum, wenn die Behörde nicht genügend Preisanpassungen zulässt.
„Der politische Wille für faire Arbeitsbedingungen und umweltfreundliche Zustellmethoden wird durch die Netzagentur untergraben,“ betont Meyer und deutet an, dass die Post ohne angemessene Erträge ihre grünen Projekte und Investitionen reduzieren könnte.
Angesichts der Ertragslage prüft der Konzern nun eine gerichtliche Klage gegen die Bonner Behörde. Ein Schritt, der das Geschäftsjahr 2024 prägen könnte und aufzeigt, dass der Weg zur Transformation des Postgeschäfts für alle Beteiligten steinig wird.
Schwäche der Weltkonjunktur drückt auf die Gewinne
Der Portostreit ist jedoch nur ein Teil der Herausforderungen für den Logistikriesen. Ein verlangsamter Welthandel beeinträchtigt insbesondere das Express-, Luft- und Seefrachtgeschäft der Deutschen Post.
Konzernchef Meyer gab kürzlich eine Gewinnwarnung aus: Die Erwartung für das Vorsteuerergebnis im Jahr 2024 wurde von bis zu 6,6 Milliarden Euro auf 5,8 Milliarden Euro gesenkt.
Der nationale Rückgang im Brief- und Paketgeschäft trägt wesentlich zu diesem Rückgang bei und zeigt, dass auch die Post nicht immun gegen globale Schwäche ist.
Droht ein Präzedenzfall?
Sollte die Deutsche Post tatsächlich gegen die Entscheidung der Bundesnetzagentur klagen, könnte dies eine neue Ära in den Beziehungen zwischen Regulierungsbehörden und Großunternehmen einläuten.
Mit seiner Forderung nach höheren Portopreisen und einem langfristig nachhaltigen Geschäftsmodell macht Tobias Meyer klar, dass das Briefgeschäft für den Konzern eine Herausforderung bleibt.
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