Die koalitionsbildenden Verhandlungen in Thüringen, einem ostdeutschen Bundesland, werden von lokalen Politikern auf eine gleichermaßen anschauliche wie prägnante Weise beschrieben: "Es ist keine Liebesheirat", so ein Beamter. "Eher eine arrangierte Ehe – mit dieser verrückten Schwiegermutter, die immer im Hintergrund steht." Diese „Schwiegermutter“ ist keine Geringere als Sahra Wagenknecht. Einst am linken Rand, hat sie sich zur unverzichtbaren Spielerin der deutschen politischen Bühne entwickelt. Ihre erst kürzlich gegründete Partei, die Sahra Wagenknecht Allianz (BSW), ist bestrebt, in drei ostdeutschen Bundesländern – Thüringen, Sachsen und Brandenburg – Regierungskoalitionen zu bilden. Die CDU und die SPD, zwei etablierte Parteien, haben Wagenknecht bisher skeptisch betrachtet. Doch die jüngsten Erfolge der AfD in den Wahlen im Osten haben die politische Landschaft dramatisch verändert. Um die AfD aus der Macht zu halten, sind CDU und SPD nun bereit, mit der BSW zu kooperieren. Doch Wagenknecht erhebt Forderungen, die für viel Unruhe sorgen. Sie verlangt, dass sich alle Koalitionen gegen deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine und die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland aussprechen. In Brandenburg zeigt ihre Strategie bereits Wirkung. Dort begannen diese Woche offizielle Koalitionsgespräche zwischen der BSW und der SPD. In Sachsen zeichnet sich ein "Brombeerbündnis" zwischen BSW, SPD und CDU ab. In Thüringen hingegen verlaufen die Gespräche holprig, nicht zuletzt wegen innerparteilicher Differenzen. Das Misstrauen innerhalb der etablierten Parteien wächst angesichts der Zugeständnisse, die ihre Vertreter gegenüber der BSW zu machen bereit sind. CDU-Ministerpräsident Daniel Günther äußerte deutlich Bedenken bezüglich einer Kooperation mit der BSW, die die Grundpositionen seiner Partei untergrabe. In der Zwischenzeit fragen sich Beobachter, ob Wagenknecht ernsthaft an einer Regierungsbeteiligung interessiert ist oder ob sie ihre Position als unnachgiebige Außenseiterin wahren möchte. Eine Entscheidung mit weitreichenden Folgen steht bevor, denn ihre Wähler im Osten präferieren stabile Regierungsverhältnisse.