Die politische Bühne Berlins ist derzeit Schauplatz eines erbitterten Streits um den Zeitpunkt einer möglichen Neuwahl. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz wirft Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor, aus parteipolitischen Gründen den Wahltermin hinauszuzögern. In einer Sondersitzung der CDU/CSU-Fraktion äußerte Merz Bedenken, dass Scholz' Zeitplan intendierte Verzögerungen über den Jahreswechsel hinaus unterstützen könnte.
Merz drängt auf eine zügigere Klärung der politischen Verhältnisse und forderte Scholz auf, bei seiner Regierungserklärung im Bundestag am Mittwoch unmittelbar die Vertrauensfrage zu stellen. Laut Scholz' Plan soll diese am 15. Januar erfolgen, was eine Neuwahl Ende März ermöglichen würde. Die Union hält einen früheren Wahltermin für möglich, schon am 19. Januar – einen Tag vor der Amtseinführung des zukünftigen US-Präsidenten Donald Trump.
In einem offenen Dissens endete das Gespräch zwischen Merz und Scholz. Merz zeigte sich enttäuscht über die mangelnde Transparenz des Kanzlers bezüglich des geplanten Wahltermins. Seine Befürchtung: Scholz könnte die Zeit bis Januar nutzen, um im Bundestag Vorhaben durchzuwinken, die der SPD im Wahlkampf Nutzen bringen.
Derweil betonte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, dass die Union den möglichen Zusammenbruch der Ampelkoalition nicht mittragen werde. Nach einer Wahl werde die CSU ihre eigenen Entscheidungen treffen, so Dobrindt.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hingegen forderte ein gemeinsames Vorgehen im Bundestag für wichtige Gesetzesbeschlüsse vor einer Neuwahl. Seiner Ansicht nach interessiert der Termin für die Vertrauensfrage die Bevölkerung nicht. Vorrangig sind soziale Themen wie Kindergelderhöhungen, das Deutschland-Ticket und staatliche Hilfen für energieintensive Betriebe. Diese drängenden Fragen begründen für ihn auch die Notwendigkeit von Scholz' Zeitplan.