Der südkoreanische Präsident Yoon Suk Yeol hat jüngst Kriegsrecht verhängt, mit dem Ziel, „schamlose pro-nordkoreanische staatsfeindliche Kräfte“ zu eliminieren und die Ordnung im Land wiederherzustellen. Dieses Dekret wurde jedoch von der von Protestierenden und Sicherheitskräften umgebenen Nationalversammlung nur wenige Stunden später aufgehoben.
Gemäß der südkoreanischen Verfassung kann der Präsident Kriegsrecht ausrufen, wenn dies zur Bewältigung einer militärischen Bedrohung oder zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch den Einsatz militärischer Kräfte als notwendig erachtet wird. Eine solche Entscheidung muss jedoch vom Kabinett geprüft und der Nationalversammlung mitgeteilt werden, die das Kriegsrecht durch eine Mehrheitsentscheidung aufheben kann.
In der Geschichte Südkoreas gibt es zahlreiche Präzedenzfälle solcher Maßnahmen. Beispielsweise wurde 1980 unter dem Druck von Militärs, angeführt von Chun Doo-hwan, Kriegsrecht verhängt, um oppositionelle Stimmen zu unterdrücken.
Präsident Yoon, der durch eine knappe Wahl ins Amt kam, sieht sich mit einer sinkenden Unterstützung konfrontiert und gerät zunehmend unter Druck der oppositionellen Kräfte, die seine Entscheidungen kritisch hinterfragen. Seine Partei erlitt bei der letzten Parlamentswahl eine schwere Niederlage, die mehrheitlich zur Kontrolle durch die oppositionellen Parteien führte.
Unter dem Druck der Opposition sieht sich Yoon zudem mit Forderungen konfrontiert, die Untersuchungen gegen mutmaßliches Fehlverhalten seiner Ehefrau voranzutreiben, wobei er diese Initiativen konsequent blockiert.
Die zuletzt erlassene sechspunkte Proklamation des Kriegsrechtskommandos untersagt politische Aktivitäten und stellt die Medien unter Kontrolle. Zudem wurden streikende Ärzte zur Rückkehr in den Dienst aufgefordert. Die innenpolitischen Spannungen dürften angesichts dieser Maßnahmen weiter zunehmen.