06. Oktober, 2024

Politik

Politisches Beben in Frankreich: Linksbündnis erringt Überraschungssieg

Politisches Beben in Frankreich: Linksbündnis erringt Überraschungssieg

Nach der deutlichen Niederlage der Regierungskoalition von Präsident Emmanuel Macron bei den vorgezogenen Parlamentswahlen bleibt die bisherige Regierung unter Premierminister Gabriel Attal vorerst im Amt. Zwar bot Attal wie angekündigt seinen Rücktritt an, doch Macron bat ihn, zur Sicherung der Stabilität weiterzuregieren.

Die überraschenden Wahlsieger, ein neu formiertes Linksbündnis aus Grünen, Sozialisten, Kommunisten und Linkspartei, stehen nun vor der Herausforderung, einen Kandidaten für das Amt des Premierministers zu benennen. Bisher gibt es weder einen Spitzenkandidaten noch eine klare Präferenz innerhalb des Bündnisses.

Theoretisch ist Macron zwar verpflichtet, einen Kandidaten aus dem Mehrheitslager zu nominieren, muss aber nicht zwingend dem Vorschlag folgen, sondern kann selbst jemanden aus demselben Lager vorschlagen.

Das Innenministerium gab bekannt, dass das Linksbündnis bei den Wahlen die meisten Sitze errang, gefolgt von Macrons Mitte-Lager. Marine Le Pens Rassemblement National landete auf dem dritten Platz. Die genaue Verteilung der Sitze bleibt jedoch noch ungeklärt. Die Abgeordneten haben bis zum 18. Juli Zeit, Fraktionen zu bilden.

Insgesamt stehen die Chancen für eine absolute Mehrheit schlecht, was künftige Regierungsbildungen erschweren könnte. Präsident Macron und die politischen Lager müssen nun potenzielle Allianzen prüfen, um die politische Handlungsfähigkeit zu gewährleisten.

Das Linksbündnis plant, noch in dieser Woche seinen Premier-Kandidaten vorzuschlagen. Olivier Faure, Chef der Sozialisten, betonte die Dringlichkeit, um keinen Eindruck der Zerstrittenheit zu hinterlassen. Auch Mathilde Panot von der Linkspartei bestätigte, dass die Präsentation eines Premiers und einer Regierung zeitnah erfolgen soll. Jean-Luc Mélenchon wird weiterhin als potenzieller Kandidat gesehen, obwohl er binnen seiner Partei umstritten ist.

Marine Tondelier von den Grünen sprach sich für Konsens statt Machtkämpfe aus. Die Frage der politischen Ausrichtung des zukünftigen Premierministers sei entscheidender als die Person.

Das Linksbündnis bleibt intern zerrissen, nicht zuletzt wegen Mélenchons umstrittenen Äußerungen und seiner euroskeptischen Haltung. Bei der Europawahl traten die linken Parteien noch getrennt an. Ein gemeinsames Regierungsprogramm existiert bislang nicht.

Ob eine von der Linken geführte Minderheitsregierung machbar ist, bleibt offen. Ein Misstrauensvotum anderer Fraktionen könnte jederzeit drohen. Alternativ könnte eine große Koalition mit Unterstützung aus der Mitte in Betracht kommen. Ein politischer Stillstand könnte die Folge sein, sollte keine Regierungsmehrheit gefunden werden. Eine Expertenregierung oder eine Fortsetzung der aktuellen Regierung wären mögliche Interimslösungen bis zu den nächsten regulären Parlamentswahlen im Juli 2025.