Zweieinhalb Wochen nach der Bundestagswahl stehen die gewaltigen Schuldenpläne von Union und SPD im Mittelpunkt einer hitzigen Debatte. Union und SPD haben mit intensiven Verhandlungen begonnen, um ihre ambitionierten Kredite für Verteidigung und Infrastruktur parlamentarisch auf den Weg zu bringen. Welche Herausforderungen zeigen sich dabei? Eine angestrebte Zweidrittelmehrheit für die notwendigen Grundgesetzänderungen ist noch ungewiss, und das Bundesverfassungsgericht könnte das Vorhaben gänzlich stoppen. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung steht CDU-Chef Friedrich Merz, der den Grünen entgegenkam, deren Zustimmung Union, CSU und SPD dringend benötigen. Sein Angebot: Teile der 500 Milliarden Euro schweren Infrastrukturmittel sollen auch in den Klimaschutz fließen. Darüber hinaus soll die Schuldenbremse ebenso für Zivil- und Bevölkerungsschutz sowie Nachrichtendienste gelockert werden. Doch die Grünen lehnten das umgehend ab und kritisierten die Verhandlungsführung scharf. Merz fordert dringend Handlungsbereitschaft und verweist auf geopolitische Spannungen, die Dringlichkeit der Verteidigungsfähigkeit sowie auf Schlagzeilen von Drohnenüberflügen und Angriffe auf kritische Infrastrukturen in Deutschland. Er sieht in seinem Angebot an die Grünen eine Möglichkeit, nicht nur Verteidigungs- sondern auch Wirtschaftskompetenz und Klimaschutz voranzubringen. Sein Appell: „Was wollen Sie noch mehr?“ In der Fraktion der Grünen herrscht Verunsicherung, wie Britta Haßelmann, Grünen-Fraktionschefin, verdeutlicht. Zweifel bestehen sowohl am Verhandlungsgeschick einiger Kollegen als auch an der Erfolgsaussicht der Vorschläge, die nur über informelle Kanäle kommuniziert werden. Auch die AfD beantragte erfolglos, die Debatte abzubrechen. Die Kontroversen erhitzen sich weiter mit Aussagen wie der von Alice Weidel, die Merz vorwirft, Wahlversprechen zu brechen. Der Vorwurf: Er entwickle sich zum "Totengräber der Schuldenbremse". Auch FDP-Mann Christian Lindner kritisiert in einem rhetorischen Feuerwerk den Kurswechsel von Merz in wirtschaftspolitischen Fragen. Linke und BSW lehnen das geplante Schuldenpaket als „Flatrate für Aufrüstung“ ab. Die Bundesrepublik stehe, so meinen Kritiker, vor einem nicht enden wollenden schuldenfinanzierten Militarismus. Im Detail sehen die Schuldenpläne vor, Verteidigungsausgaben oberhalb eines Prozent des Bruttoinlandsprodukts ohne Obergrenze durch Kredite zu decken und den Ländern mehr schuldenpolitischen Spielraum zu geben. Knackpunkt bleibt die erforderliche Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat. Unter dem Schatten der Ungewissheit bereiten Union und SPD bereits die Koalitionsverhandlungen vor. Der Abend soll ein arbeitsintensiver Auftakt in der CDU-Zentrale sein, mit 16 thematischen Arbeitsgruppen, die den Weg für eine neue Regierung ebnen sollen. Doch solange keine Einigung mit den Grünen oder FDP besteht, bleibt alles offen – besonders die notwendige Grundgesetzänderung.
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Politische Turbulenzen um Milliarden-Schuldenpaket: Ein Balanceakt zwischen Verteidigung und Klimaschutz
