Der französische Präsident Emmanuel Macron hat die Verantwortung für die politischen Spannungen eingestanden, die durch seine Entscheidung, im Sommer vorgezogene Parlamentswahlen abzuhalten, entstanden sind. Diese Maßnahme habe mehr Instabilität als Frieden gebracht, erklärte er in seiner jährlichen Neujahrsansprache und räumte ein, dass die Auflösung des Parlaments bisher mehr Spaltungen als Lösungen für die französische Bevölkerung verursacht habe.
Macrons Rede, die achte seiner Präsidentschaft, markiert das Ende eines Jahres, in dem sein politischer Einfluss durch die Auflösung im Juni erheblich geschwächt wurde. Dies führte zur Stärkung des rechtsextremen Rassemblement National und spaltete das Parlament in drei Fraktionen. Nachdem seine zentristischen Kandidaten bei den Europawahlen enttäuschende Ergebnisse erzielten, suchte Macron durch die Parlamentsauflösung nach einem "Moment der Klärung", um dem Aufstieg der RN entgegenzuwirken. Doch die anschließenden Wahlen bedeuteten eine entschiedene Ablehnung seiner zentristischen, wirtschaftsfreundlichen Agenda, wodurch die RN zur größten Partei avancierte.
Im September ernannte Macron den konservativen Politiker und ehemaligen Brexit-Unterhändler Michel Barnier zum Premierminister. Jedoch wurde Barnier durch ein Misstrauensvotum zu Fall gebracht, da er nicht genügend Unterstützung von Links- und Rechtsaußen für ein Sparbudget gewinnen konnte. Daraufhin setzte Macron seinen Verbündeten François Bayrou als Premierminister ein und rief zur Kompromissbereitschaft für 2025 auf. Zudem deutete er an, die Franzosen könnten im kommenden Jahr erneut an die Urnen gerufen werden.
Macron ging zudem auf außenpolitische Herausforderungen ein. Nach der Wiederwahl von Donald Trump als US-Präsident wiederholte er seine Forderung nach erhöhter Verteidigungsausgaben durch die NATO-Verbündeten und betonte, dass Europa seine Sicherheit nicht anderen Mächten überlassen dürfe. Zugleich appellierte er an Europa, seine Regeln zu vereinfachen, um mehr Investitionen zu fördern.
Trotz dieser Botschaften sinkt Macrons Popularität weiter; laut einer Umfrage von Elabe haben nur 21 Prozent Vertrauen in seine Fähigkeit, die Probleme Frankreichs zu lösen. Seine rechtsextreme Rivalin Marine Le Pen kritisierte in ihrer Neujahrsansprache die "halbherzigen Bedauern" des Präsidenten und erklärte, dass 2025 ein "entscheidendes Jahr" sein werde, in dem Frankreich seine Probleme durch demokratische Entscheidungen lösen müsse.