Die politische Szenerie in Ungarn könnte vor einer bedeutenden Wende stehen, denn in einer aktuellen Umfrage des renommierten Meinungsforschungsinstituts Median hat die Tisza-Partei unter der Führung des einstigen Regierungskritikers Peter Magyar die Fidesz-Partei des amtierenden Ministerpräsidenten Viktor Orban übertroffen. Wären am kommenden Sonntag Wahlen, würde die Tisza-Partei laut der Erhebung im Auftrag der Wochenzeitung 'hvg' 46 Prozent der Wählerstimmen erlangen, während die Fidesz-Partei auf 39 Prozent käme. Dieser Bedeutungswechsel fand innerhalb eines Monats statt, da in der vorherigen Umfrage Fidesz noch mit 43 Prozent vor Tisza mit 39 Prozent lag. Besonders auffällig ist die hohe Mobilisierung der Anhänger von Magyars Partei. Berücksichtigt man die unentschlossenen Wähler in der Gesamtbevölkerung, bleibt der Vorsprung der Tisza-Partei jedoch mit 34 zu 32 Prozent gering. Experten sehen dennoch einen klaren Trendwechsel, den sie als kaum übersehbar einstufen. Bereits in der Vergangenheit hatte Tisza in anderen Umfragen knappe Vorsprünge erzielt, allerdings meist nur im Bereich von ein bis zwei Prozentpunkten. Bisher war Fidesz unter Orban seit 2010 unangefochtener Spitzenreiter in der Wählergunst. Magyar, der erst kürzlich den politischen Kampf gegen den Rechtspopulisten Orban aufgenommen hat, setzt auf sein Insiderwissen über die Mechanismen der Orban-Regierung, das er als ehemaliger Ehemann der früheren Justizministerin Judit Varga gewonnen hat. Der politische Newcomer schaffte es bei den Europawahlen im Juni auf Anhieb, 30 Prozent der Stimmen zu erobern. Die Abgeordneten der Tisza-Partei sind in die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) eingezogen, der auch CDU und CSU angehören.